1. Bd. 1
- S. 338
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Geschichte der alten Welt.
lerius Gräuel auf Gräuel; in Italien bemächtigte sich Maximians hart-
herziger und wollüstiger Sohn Maxentius der Regierung und füllte Alles
mit Schrecken und Verwüstung; und um das Maß der Verwirrung und
Unordnung voll zu machen, nahm auch der alte Maximian, den Diocle-
tian früher zur Entsagung bewogen, den Kaisertitel wieder an. Nur im
Abendlande suchte Constantius durch Milde und Versöhnlichkeit die Lei-
den des Kriegs zu lindern und die Verfolgung der Christen zu hemmen. Als
er zu Eboracum (Pork) starb, folgte ihm sein tapferer und kluger, aber von
Ehrgeiz und Herrschsucht getriebener Sohn Conftantinus in der Regierung
des Abendlandes. Dieser, von seiner Mutter Helena dem Christenthum ge-
wonnene Fürst ließ zuerst den Maximian, der vor dem eigenen Sohne
flüchtig bei ihm weilte und mit arglistigem Sinn die gallischen Truppen zu
verlocken suchte, durch seine Soldaten in Massilia ermorden, besiegte dann
unter der Kreuzesfahne (labärum) den grausamen Maxentius unweit
dermilvischen Brücke (ponte molle) und bemächtigte sich, als der Geg-
ner in den Fluthen der Tiber den Tod gefunden, seines Reichs und der
Hauptstadt. Fortan beherrschte Constantinus den Westen, indeß sein Schwa-
ger, der harte, unbesonnene Licinius, seit Galerius' Tod (a. 311) und seit
seinem Sieg über dessen Nachfolger Maximinus bei Herakleia (Perin-
thos) an derpropontis, denorient verwaltete, bis Grenzftreitigkeiten, gegen-
seitige Eifersucht und Constantins Herrschsucht einen neuen Krieg herbeiführ-
ten. In diesem wurde Licinius nach den zwei unglücklichen Treffen bei
Adrianopel und Chalkedon wider Constantin selbst, und nach der ver-
lornen Seeschlacht bei Chrysopolis im Hellespont gegen dessen Sohn
Crispus, zur Abdankung genöthigt; als er aber im nächsten Jahre mit dem
Plane umging, die verlorne Herrschaft wieder an sich zu bringen, ließ ihn der
Kaiser zu Thessalonich mit dem Strange hinrichten. So wurde Constantin
Alleinherrscher des römischen Reichs. Daß aber die von ihm begünstigte
und durch das Duldungsedict von Mailand vor weitern Verfolgungen
geschützte Lehre Christi nicht in sein Inneres gedrungen, beweist die Grau-
samkeit, womit er Schaaren gefangener Feinde den wilden Thieren vorwer-
fen ließ, die Härte, die er durch die Hinrichtung seiner Gattin, seines edeln
und tapfern Sohnes Crispus, seines Schwagers und seines Neffen beur-
kundete, und die Rachsucht und Treulosigkeit seiner Natur.