1. Bd. 1
- S. 363
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Die Völkerwanderung.
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geführt) hemmte die Entwickelung des Hunnenreichs. Nach schweren Käm-
pfen, in welchen Attila's ältester Sohn Ellack erschlagen ward, erlangten
die Ostgothen, Langobarden, Gepiden u. a. Unabhängigkeit und 454
Wohnsitze an den Ufern der Donau und in den weiten Ebenen der Theiß,
indeß die Trümmer der nomadischen Hunnen sich in den weidenreichen
Steppen Südrußlands verloren.
Attila und sein Bruder B l e d a erlangten durch die Unterdrückung und Ermordung
der zahlreichen hunnischen Stammhäupter die Herrschaft über alle Horden des wilden
Räubervolks. Bald erlag auch Bleda den Nachstellungen seines herrschsiichtigen Bruders,
worauf dieser viele germanische Stämme zur Unterwerfung und Hceressolge zwang und
den Oströmern einen schweren Tribut auflegte. Zugleich begünstigte er die Niederlassung
civilisirter Römer und Griechen in seinem Reiche. Durch diese „erhielten die Hunnen alle
Arten von Luxus und Bequemlichkeiten gebildeter Völker, und das Leben dieser Barbaren
zeigt uns daher eine sonderbare Mischung von asiatischer Sitte und Rohheit mit griechisch-
römischen Genüssen und Einrichtungen. Attila's Hoflager war mit dem ganzen Luxus der
Höfe von Constantinopel und Ravenna ausgestattet. Seine Generale, seine Hofbeamten
und seine zahlreichen Weiber hatten Teppiche, Bäder und Prachtgemächer; sie speisten beim
festlichen Male von silbernen Schüsseln, hatten griechische Küche und schmückten sich und
ihre Pferde mit den verschiedenartigsten Kostbarkeiten. Nur der König blieb der alten
Sitte getreu; er aß und trank aus hölzernen Schalen, seine Nahrung und Kleidung war
die eines mongolischen Hirten. Attila zeigte überhaupt neben der Wildheit und Rohheit
eines hunnischen Eroberers große Regenteneigenschaften und eine Festigkeit, Einsicht und
Ueberlegenheit, welche Jedem, der ihm gegenüberstand, und sogar ganzen Völkern das Ge-
fühl der Scheu und Abhängigkeit einflößte." Wie bei Alarich ehrten die Krieger ihren Kö-
nig durch eine großartige Leichenfeier, wobei sie Lieder zum Preise des Helden sangen
und die Sclaven, die das Grab bereitet, tödteten, damit seine Ruhestätte mit den kostbaren
Särgen und den reichen Schätzen nicht gestört würde. — Nach neuern Forschungen sind
die Bulgaren die Abkömmlinge der nach dem schwarzen und asowschen Meere zurück-
geworfenen Hunnen.
L. Untergang des weströmischen Reichs.
§• 244. Rasch ging nunmehr die römische Herrschaft ihrem Ende zu.
Valentinian tödtete mit eigener Hand den tapfern Aetius, die letzte Säule 454
des Reichs, aus Furcht vor der Größe des Mannes und aus Aerger über
seinenfreimuth. Aber bald daraufverlor der feigherzigewollüstling selbst das
Leben durch Petronius Maximus, dessen häusliche Ehre er geschändet. Pe- 455
tronius, zu Valentinians Nachfolger erhoben, strebte nach der Hand der kai-
serlichen Wittwe, was diese bewog, die Vandalen zum Werkzeug ihrer
Rache gegen den Mörder ihres Gemahls herbeizurufen. Geiserich landete in
Ostia, eroberte Rom (wobei Petronius im Getümmel den Tod fand) und
verhängte eine vierzehntägige Plünderung über die Stadt, deren Kunstwerke
theils geraubt, theils unbarmherzig verstümmelt wurden (Vandalismus).
Auch Capua, Nola und andere Städte fühlten „Karthago's Nemesis." Be-
laden mit Beute, Schätzen und Gefangenen (darunter die Kaiserin und ihre
beiden Töchter) kehrten die Vandalen nach Afrika's Küste in ihre glanzgefüllte