1. Bd. 1
- S. 382
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
382 Untergang der alten Welt.
den Bulgaren und den slavischen Stämmen im Süden und Norden der
Donau beizubringen.
Uebrigens blieb Konstantinopel durch das ganze Mittelalter hindurch der Sitz
der Bildung und Gelehrsamkeit. Wahrend das übrige Europa sich langsam aus
dem Dunkel der Unwissenheit, des Aberglaubens und der Barbarei herausarbei-
tete, bewahrten die byzantinischen Schriftsteller noch wissenschaftlichen
Sinn und Kenntniß der menschlichen Dinge. Johannes Grammaticus
aus dem Anfang des siebenten Jahrhunderts, der gelehrte Erklärer des Aristoteles
und Verfaster vieler Schriften aus dem Gebiete der Grammatik und Philosophie,
Johannes von Damascus, der Begründer der systematischen Theologie
aus dem 8. Jahrhundert und der Patriarch Photius (st 891), ein Mann von
umfassenden Kenntnissen, in der kirchlichen Literatur wie in der Alterthumswissen-
schaft, waren weit hinstrahlende Lichter in jener Zeit der literarischen Oede. Aber
Sittlichkeit und Tugend waren dahin. Selbst die kräftigsten Kaiser schändeten
ihren Kriegsruhm durch unmenschliche Grausamkeit, und Luxus und Sinnenge-
nuß galten für die Würze des Lebens. — Die unter Vasilios und seinen Nach-
folgern veranstaltete Gesetzessammlung, Basiliken genannt, ging zunächst aus
einer Uebersetzung, Verkürzung und Umgestaltung des Justinianeischen Rechts-
buchs (§. 250.) hervor, wurde aber in der Folge erweitert und dient als wichti-
ges Hülfsmittel für die Kritik und Auslegung des Corpus juris. Das Gesetzbuch
der Basiliken erfuhr verschiedene Revisionen und reicht in seiner jetzigen Gestalt
nicht über die Zeit des Constantin Porphyrogennetos (c. 950) hinaus.
Iv. Die Araber unter dem Einfluß des Islam.
§. 257. Das Innere der Halbinsel Arabien ist eine weite von Bedui-
nenhorden (Nomaden) durchstreifte Sandwüste, wo kein Schattengegen
den glühenden Brand der Sonne Schutz gewahrt, wo selten um eine Quelle oder
einen bald im Sande versiegenden Bach ein grasreicher, mit Palmenhainen be-
wachsener Rastplatz (Oase) die Einförmigkeit der endlosen Ebene unterbricht, wo
nur das Kameel, das Hunger, Durst und Schlaflosigkeit ertragen kann, und
von dem Alles, Fleisch, Haare, Milch, selbst der Mist brauchbar ist, die Ver-
bindung zu unterhalten vermag. Auf ihm und aus dem edeln, flüchtigen Pferde
beruht der Reichthum der Wüstenbewohner (Beduinen, auch Sarazenen
genannt). Der südwestliche von fruchtbaren Thalern durchzogene Küstenstrich
(Jemen) heißt wegen seiner Fruchtbarkeit das glückliche Arabien. Hier gedei-
hen in der tropischen Atmosphäre, welche durch die Höhe des Gebirges und durch
die Winde, die über den Ocean heranwehen, abgekühlt wird, kostbare und edle
Früchte. Hier ist das Land des Weihrauchs, des Zuckerrohrs, der Kaffeestaude
(Mokka), der Granatapfel, der Feigen und Dattelpalmen, der Weizen- und
Durrafelder, und ein edles, bildungsfähiges Volk lebt hier in stolzer Unabhängig-
keit. Nicht sehr weit von der Küste des rothen Meers liegen in der Provinz Hed-
jas die Prophetenstadte Mekka und Medina. Nur das nördliche, von kahlen
Granitfelsen durchschnittene petraische Arabien, mit der alten Hauptstadt
Petra (hebr. Sela), war von den Römern betreten worden. — Die Bewohner
des glücklichen Arabiens waren durch den ausgebreiteten Karavanen- und
Seehandel, den sie schon in den ältesten Zeiten trieben, reich und dem Luxus und
Wohlleben ergeben, indeß die Nomaden der Wüste unter ihren erblichen Stamm-
und Familienhauptern (Emirs, Scheikhs) ein einfaches, mäßiges Leben führten.