1. Bd. 1
- S. 388
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
388
Untergang der alten Welt.
Theodo-
rich Ii.
453-466
Leovigild
S67—586
Reccarcd
586—601,
Wamba
672—681
Witiza
701—710,
burgund streiften sie und an des lemanischen See's friedliche Ufer, „welche
die Alpen vergeblich beschützten."
Das Westgothenreich in Spanien. Durch glückliche Kriege mit den S u ev en im
nordwestlichen Spanien und mit den griechischen (byzantinischen) Seestädten im Süden
und Osten erweiterten die westgorhischen Könige ihre Herrschaft und brachten endlich die
pyrenäische Halbinsel zu einem einheitlichen Staatsganzen. Wie die Ostgothen nahmen
auch die Wcstgothcn die Cultur und Sprache der Besiegten an, und suchten durch gleich-
mäßige Gesetzgebung (indem sie ihr einheimisches Gewohnheitsrecht niederschrieben und
durch Zusätze aus dem römischen ergänzen ließen §. 343, 3. B.) die germanische Bevölke-
rung mit den alten romanischen Einwohnern zu verschmelzen. So lange aber die West-
gothen dem Arianismus huldigten, konnte diese Verschmelzung keine vollständige wer-
den ; Rcligionshaß und Verfolgungssucht führten blutige Gräuel herbei und störten das
einträchtige Zusammenleben. Die zunehmende Macht der unter Roms Einfluß stehenden
Bischöfe untergrub jedoch den Arianismus und wenn auch Leovigild, der kräftigste und
streitbarste König seit Theodor ich Ii., dem eigentlichen Begründer der Wcstgothcnbcrr-
schaft in Spanien, seinen erstgeborenen Sohn wegen seines Abfalls von der Lehre seiner
Väter mit dem Tode bestrafte, sein zweiter Sohn Reccared verlieh dennoch der rö-
misch-katholischen Glaubensform dieherrschast in Spanien und erleich-
terte durch Einführung des Gesetzes, daß die Wcstgothen und die alten Einwohner rechts-
gültige Ehen cingehen durften, die Vereinigung der germanischen und romanischen Bevöl-
kerung. So vortheilhaft indessen die Glaubenseinigung für die Erstarkung des Staats
war, so hatte sie doch auch ihre nachtheiligen Folgen. Die Geistlichkeit, an ihrer Spitze der
Erzbischof von Toledo gelangte bald zu einer Macht und zu einem Einfluß, hinter wel-
chen die durch Wahl ernannten Könige weit zurückstanden; Concilien und Synoden,
die an die Stelle der Rcichsversammlungen traten, entschieden über Gesetzgebung und Ver-
fassung, über Krieg und Frieden. Und als noch König Wamba ein Gesetz erließ, daß
diegeistlichen gleich den Edelleuten zur Heeresfolge verpflichtetsein
sollten, stieg der Einfluß und die äußere Macht des Clerus noch höher. Die Verfol-
gungssucht, die vorher die eine christliche Partei wider die andere getrieben, kehrte sich jetzt
mit verdoppelter Heftigkeit gegen die zahlreichen durch Reichthum und Gelehrsamkeit aus-
gezeichneten Juden. Diesen Uebelstä'nden suchte Witiz a zu steuern, indem er die Ju-
denverfolgungen verbot, die Macht der Geistlichkeit beschränkte und mit allem Eifer an
Begründung der Erblichkeit des Königthums arbeitete. Sein Sturz und Tod begründete
eine verhängnißvolle Epoche für Spanien. — Die zahlreiche Judenschaft in Spanien er-
leichterte den Mauren die Besitznahme des Landes und die von den Arabern versprochene
Rechts- und Steuergleichhcit Aller machten die vielen unter dem Druck einermächtigen
Adelsariftokratie seufzenden Leibeigenen ihrer Herrschaft geneigt.
Die Araber auf Sicilien. Ucber die Einnahme von Syracus im 9. Jahrhundert
berichtet ein Augenzeuge Folgendes: „Wir haben 10 Monate widerstanden; oft bei Tag,
vielmal Nachts gestritten, zu Wasser, zu Land und unter der Erde; gegen den Feind, gegen
seine Werke, nichts unversucht gelassen. Das auf den Dächern wachsende Gras war unsere
Speise; Gebeine von Thieren ließen wir mahlen, um sie für Mehl zu gebrauchen; endlich
haben wir Kinder verzehrt; schreckliche Krankheiten waren Folgen des Hungers. Wir, auf
die Feste der Thürme rechnend, glaubten Entsatz abwarten zu können; der mächtigste
Thurm brach; noch hielten wir drei Wochen lang. In einem Augenblick, da, von Hitze er-
schöpft, unsere Kriegsleute Rast nahmen, plötzlicher Generalsturm, Einnahme der Stadt!
Unsere Flucht ging in St. Salvators Kirche. Der Feind uns nach. Obrigkeiten, Priester,
Mönche, Greise, Weiber, Kinder, mähete sein Schwert. Hierauf wurden die Edelsten,
tausend an Zahl, vor der Stadt, mit Steinen, Prügeln, Geißeln, ermordet; der