1. Bd. 1
- S. 497
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
497
Die Uebermacht der Kirche im Zeitalter der Kreuzzüge.
wurden wohl selbst die Waaren zur Sicherheit niedergelegt; dahermeffe und Markt gleich-
bedeutend wurden. — In die Gattung der königlichen und bischöflichen Städte sind auch
die meisten unter den sächsischen Kaisern aus den Burgwarten entstandenen Städte zu zäh-
len (§. 289 ff.), die „durch Graben und Bollwerk gegen schnelle Uebersälle gesichert und
von der Besatzung geschützt in Kriegszeiten eine Zuflucht für Personen und Sachen ge-
währten, wodurch Leben und Gewerbthätigkeit entstand, so wie alle spatern Reichs-
städte, „die aus kirchlichen Stiftungen, aus Markt- und Handelsplätzen auf des Reiches
Boden hervorgingen und sich unter vom Reiche belehnten geistlichen oder weltlichen
Fürsten befanden, wie z. B. Erfurt, Bardewik." — Außerdem gab es viele fürstliche
Städte „insofern sie aus herrschaftlichem Willen geistlicher oder weltlicher Fürsten ent-
standen wie z. B. Soest, Braunschweig, Göttingen, oder auf fürstlichen Territorien ge-
gründet wurden, wie in Süddeutschland die zähringischen Städte (Freiburg, Bern u. a.),
in Norddeutschland die w elfischen (Lübeck, Hamburg u. a.). Hinsichtlich der städti-
schen Verfassung ist zu unterscheiden zwischen den Städten, wo sich eine altfreie Ge-
meinde mit beständigem Schöffenthum von Alters her erhalten oder frühzeitig
gebildet hat und solchen, wo die altfreie Gemeinde gänzlich unterdrückt wurde und unter
die Herrschaft des Bischofs oder Feudalherrn kam. Von der erftern Art war die Stadt
C ö ln, deren Verfassung und Recht bei der Gründung vieler andern Städte eingeführt
ward. In solchen Städten wurde der patrizische Sch ösfenrath im Laufe der Jahre
durch einen Gemeinderath verdrängt, den die anfangs unfreie, aber mit der Zeit zur
Freiheit gelangte Bürgerschaft wählte. Von der zweiten Art, wo die städtischen Beamten
(Ministerialen) anfangs von dem Bischof bestellt wurden und die Bürgerschaft als solche
gar keinen Antheil an der Regierung hatte, war Straß bürg die angesehenste Stadt.
Auch in diesen bildete sich allmählich ein freier Bürgerstand mit dem Recht der Sclbstregie-
rung heran; aber der Stadtrath ging hier aus dem Emporstreben einer die Dienstbar-
keit immer mehr abwerfendcn Bürgerschaft hervor und lehnte sich folglich nicht an ein schon
vorhandenes Schöffenthum der altsreien Gemeinde an, sondern machte für sich die ganze
Vertretung der Bürgerschaft aus. Zu dieser Gattung gehörten auch die Städte Worms
und Speier. Die meisten dieser Städte erlangten ihre Freiheit und ihre republikanische
Verfassung nur unter harten Kämpfen mit den Bischöfen, deren Gewalt zuletzt nur noch
eine nominale war. Die Kaiser, besonders aus dem Hohenstausischen Hause, begünstigten
und beförderten diese Erhebung der Städte gegen die Bischöfe und gewährten ihnen Rechte
und Freiheiten mancherlei Art. — Ruhiger entwickelte sich die städtische Freiheit in den
königlichen und andern ältern Reichsstädten. Hier kam es nicht, wie in den
bischöflichen zu einem ähnlichen die bürgerliche Freiheit gewaltsam hervortreibenden Ge-
gensatz: „sondern in dem Maße, wie der Bürgerstand allmählich mit dem Betrieb von
Handel und Gewerb emporkam und erstarkte, wurde ihm auch der gebührende Antheil an
der Gemeindeverwaltung und endlich eine gewisse Selbstregicrung eingeräumt, bei der sich
die königliche, herzogliche oder markgräfliche Herrschaft nur die vogteilichen Rechte und
Einkünfte mit Ernennung der gewöhnlichen Stadtrichter, des Vogts oder des Schult-
heißen vorbehielt." So in Goslar, Erfurt, Nürnb erg u. a. m. — Die fürst-
lichen Städte kamen hinsichtlich der Verfassungsform und in manchen andern Be-
ziehungen den Reichsstädten sehr nahe: „aber es bezeichnet ihre Eigenthümlichkeit, daß
sie vornehmlich aus Markt- und Handelsplätzen entstanden sind oder als solche gegründet
waren, daß in ihnen das Bürgcrthum von Anfang an rein für sich hervortritt, endlich
daß ihre Verfassung und städtische Freiheit ursprünglich als eine von der Herrschaft ver-
liehene erscheint." Zu den merkwürdigsten und ältesten Städten dieser Art gehört Soest
in Westfalen; auf das Soester Stadtrccht war das alte Recht von Lübeck gegründet;
aber schon vor Friedrich Ii. erlangte die thatkräfcige Stadt die Reichsfreiheit und große
Privilegien. Wie das lübische Recht in den meisten Städten der Ostsee anerkannt und ein-
Webcr, Geschichte. I. 6. Ausl. 32