1. Bd. 1
- S. 507
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Dic Uebermacht der Kirche im Zeitalter der Kreuzzüge. 507
mungen bestehen, während die Eroberer selbst noch ihren hergebrachten Volks-
rechten lebten. Mit der Zeit ließen dann einzelne Könige kleinere Gesetzbücher
anfertigen, die für die alten und neuen Bewohner gelten sollten; obschon diese
größtentheils aus der römischen Gesetzgebung hervorgingen, vermochten sie doch
nicht das ursprüngliche römische Recht ganz zu verdrängen. Von der Art waren
die Gesetzbücher des Ostgothen Theodorich (§. 245.), des burgundischen Kö-
nigs Sigismund (o. 525) und das breviarium Alariemn des Westgothen
Alarich in Spanien (c. 506). Durch Justinians Eroberungskriege (§.251 f.)
wurde das Lorpus juris sowohl in Afrika als in Italien herrschend. Dort
verdrängten eö die Araber (§. 262.), hier aber hielt sich dasselbe neben dem alt-
römischen Rechte durchs ganze Mittelalter und bildete die Grundlage der juristi-
schen Studien auf den Rechtsschulen von Bologna und Padua (§. 314). —
In Gallien hatten die verschiedenen Provinzen verschiedenes Recht. Im Süden
blieb die altrömische Gesetzgebung heimisch, bis die Justinianische noch dazu kam,
in Aquitanien wurde das durch die spanische Herrschaft daselbst eingeführte bre-
viarium Alaricum beibehalten und in Nordgallien kam das fränkische Gewohn-
heitsrecht (droit coutumier) zur Geltung. — Durch die mittelalterlichen Rechrs-
lehrer, G lossatoren genannt, wurde das römische und Justinianische Recht
allmählich über die meisten Länder Europa's verbreitet, „theils als wirkliches Sub-
sidiarrecht, theils als geschriebene Vernunft, woraus man Recht schöpft, theils
wenigstens als Gegenstand des Unterrichts, zur Vorbereitung auf das Studium
der Landesrechte." — Auch nach Deutschland und in das nördliche Europa
drang das römische Recht, wenn gleich hier nicht wie in den ehemals zum Römer-
reich gehörenden Ländern alte Erinnerungen und zahlreiche Ueberreste von Gesetzen
und Einrichtungen Empfänglichkeit dafür erzeugten. Der Grundsatz, daß der
Klerus unter römischem Recht stehe, wirkte in allen christlichen Ländern für dessen
Verbreitung, und in Deutschland war demselben auch der Umstand förderlich,
daß Italien noch zum deutschen Reich gehörte und dieses nur als eine Fortsetzung
des römischen angesehen ward. „Es knüpfte sich daran die von den Kaisern ge-
nährte Vorstellung, daß das Justinianische Recht ein mit der Kaiserwürde in
Verbindung stehendes Reichsrecht sei, welches für alle Reichsglieder Gültigkeit
habe." Das Bedürfniß eines ausgebildeten Rechts, als bei der zunehmenden
Cultur die einheimischen Gesetze und Rechtsbestimmungen nicht mehr genügten,
leistete der Verbreitung desselben allenthalben Vorschub. Völlig festgestellt ward
jedoch die Einwendung des römischen Rechts im deutschen Reich erst dadurch, daß
die Reichsgesetze seit dein Ende des 15. Jahrh. dasselbe als geltendes gemeines
Recht voraussetzten. Seitdem galt das Justinianische Gesetzbuch unbestritten als
Subsidiarrecht im deutschen Reich und in den meisten Ländern, die ehenials Be-
standtheile desselben waren, wie die Schweiz, die Niederlande u. a. — In
Dänemark, Schweden, Rußland, Polen und Ungarn erlangte das römische Recht
nur als Gegenstand des vorbereitenden Unterrichts Geltung.
6. D eutsch es (Germanisches) Recht. 1. Íd i e 1 eges B a r 5 ar o -
rum. Damit das herkömmliche, größtentheils ungeschriebene Recht der deutschen
Völker nach ihrer Einwanderung in die römischen Länder nicht untergehe und in
Vergessenheit gerathe, ließen manche Könige die heimischen Stammgesetze auf-
zeichnen, sammeln und ordnen. Die älteste derartige Sammlung ist das sa li-
sch e Rechts buch der Franken, das in einer ältern, von den Merowingern
herrührenden und in einer jüngern, aus Karls des Großen Zeit stammenden Re-
vision vorhanden ist (§. 246 f.). Neben diesen ist das Ge setzbuch der West-