1. Bd. 1
- S. 540
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Das Mittelalter.
Waldstatte, so daß ihnen nur noch Thurgau, Winterthur, Rapperswyl
i486, u. a, O. verblieben. Da schien der Bürgerkrieg, der zwischen Zürich und
Schwyz über das Erbe des Grafen von Toggenburg ausbrach, ihnen eine gün-
stige Gelegenheit zur Wiedererlangung des Verlorenen zu bieten. Zürich, von
den tapfern Waldstatten an der Sihlbrücke überwunden, wo der kräftige Bürger-
meister Rudolf Stüssi den Heldentod starb, schloß mit Oestreich einen Bund,
worauf Friedrich Iii. ein mächtiges, von Frankreich in Sold genommenes Heer
Armagnac'scher Kriegsfchaaren (tz. 380.) wider die Eidgenossen ins Feld schickte.
Aber der Heldenmuth der Schweizer in der mörderischen Sch la cht von St.
1444. Jacob an der Bjrs (im Angesichte Basels) schreckte die Franzosen dergestalt,
daß sie vom Kampfe abließen und mit den Helvetiern ein Bündniß schloffen.
1446. Dies bewog Zürich sich mit den Waldstatten zu versöhnen und der Eidgenoffen-,
schaft wieder beizutreten. Von dieser Zeit an war Frankreichs Uebergewicht in
der Schweiz vorherrschend und wurde es noch mehr wahrend der b u rgun bi-
schen Kriege (tz. 398.), in welchen die Eidgenoffen ihren Bund bedeutend
erweiterten. Ihre rüstigen Söhne traten nunmehr in französische und italienische
Kriegsdienste und vergoffen um schnöden Sold ihr tapferes Blut in fremder Erde
(„Reislaufen"). Mit dem deutschen Reich hingen sie fortan nur noch durch ein
loses Band zusammen, bis auch dieses unter Kaiser Maximilian zerriffen ward
(§. 369).
§. 361. Wenzels Absetzung. Wenzel, dem es anfangs weder an
Kraft und Verstand noch an Herrschergaben fehlte, der in kirchlichen und
religiösen Dingen einen aufgeklärten Geist besaß und der mit strenger Gerech-
tigkeit den Bürgerstand gegen die Gewaltthätigkeiten des selbstsüchtigen Adels
kräftig schützte, zog sich allmählich durch rohe Leidenschaftlichkeit, Tyrannei
und Habsucht Haß und Verachtung zu. Seine Gerechtigkeit ging oft in
Grausamkeit über; seine Hab- und Geldgier verleitete ihn zur Härte und
zur Bedrückung der Juden, von denen bei einem Aufstand in Prag 3000 er-
1389. mordet und ihres Guts beraubt wurden; ein leidenschaftlicher Freund der
Jagd war er immer von großen Hunden umgeben, von welchen einst seine
1386. erste Gemahlin des Nachts zerrissen ward; in einem Streit mit dem Erz-
bischof von Prag über verpfändete Krongüter ließ er den General-Vicar
P omuk, einen unbescholtenen Geistlichen, von der Prager Brücke in die
1393. Moldau stürzen. (Zum Heiligen erhoben wurde dieser fortan unter dem
Namen Nepomuk als Beschützer der Brücken verehrt). Empört über
solches Gebahren und erzürnt, daß der König immer mehr Deutsche ins Land
zog und sie auf alle Weise bevorzugte, erregten endlich die böhmischen Edel-
1304. ieute einen Aufstand und hielten Wenzel eine Zeit lang in Haft. Dadurch
schwand auch sein Ansehen im Reiche mehr und mehr und die Zeiten des
Fauftrechts drohten wiederzukehren. Das offenkundige Unvermögen des
Kaisers, der in Staat und Kirche herrschenden Verwirrung zu steuern, und
die Nachricht, daß er ohne Rücksicht für die Würde und Ehre des Reichs dem
reichen, treulosen und staatsklugen Galeazzo Visconti den Herzogtitel
verkauft und somit dessen angemaßte Herrschaft über Mailand und die mei-
sten lombardischen Städte bestätigt habe, bewog daher die Kurfürsten auf