1. Bd. 1
- S. 559
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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I. Frankreich und England.
werbe- und Handelsftandes, der Beförderung der Wissenschaften und der
Errichtung von königlichen Gerichtshöfen widmete, unter Ludwig dern
Heiligen (§. 333.), bei dem Frömmigkeit und Gerechtigkeit mit Klugheit
und Ritterlichkeit gepaart waren, und unter Philipp dem Schönen, der
durch seinen siegreichen Kampf wider das Papstthum (§.353.), wobei zuerst
städtische Abgeordnete zu den Reichstagen gezogen wurden,
dem französischen Königsthron ein Ansehen verschaffte, wie es bisher nur die
römisch-deutschen Kaiser besessen und seinen Nachfolgern die heilige Pflicht
auflegte, in weltlichen Dingen keine Gewalt auf Erden über sich anzuerken-
nen. Ohne religiöse Begeisterung ließ er sorglos die letzten Besitzungen der
Christen in Syrien, die hauptsächlich durch französische Thatkraft gewonnen
worden, in die Hände der Ungläubigen fallen und zerstörte den Templer-
orden, von dem eine Wiedereroberung hätte ausgehen können. Nur auf die
Größe der Nation und die Stärkung der Kdnigsmacht bedacht, riß er mit
rücksichtsloser Ungerechtigkeit von den Besitzungen des deutschen Reichs
Stadt und Gebiet von Lyon los und führte sie dem sprachverwandten
Königreich bei. In seinen zahlreichen Erlassen findet sich richterliche, gesetz-
gebende und vollziehende Gewalt vereinigt. — Nach dem Tode seiner drei
Söhne, die nach einander regierten, aber keine männlichen Erben hinter-
ließen, ging der französische Thron, in Folge des salischen, durch das
Herkommen sanctionirten, Gesetzes, das weibliche Erbfolge un-
tersagte, auf das Haus Valois über (1328).
Ludwig Viii. brachte durch seinetheilnahme an den Albigenserkrie- Frank-
gen (§. 341.) den größten Tbeil der südlichen Provinzen unter seine unmittel-
bare Herrschaft. Zwei Drittheile des Landes gelangten sogleich an die Krone, das 1223-'
letzte Drittel behielt Graf Raymund noch auf seine Lebenszeit, übertrug es aber 1226-
bei seinem Tod seiner mit des Königs dritten Sohn vermahlten Erbtochter. —
Ludwig Ix. gab zwar durch einen Friedensschluß die Lander an der Garonne ^'j’x
dem englischen König zurück, erlangte aber dafür von diesem die Anerkennung der (derhei-
französischen Lehnsherrlichkeit über Guienne und die umliegenden Orte, und die
förmliche Abtretung der Normandie und der Gebiete an der Loire. Daß der 1270.
englische König in eigener Person nach Paris kam, um die Belehnung entgegen-
zunehmen, war ein großer Sieg für die französische Königsmacht. Zur bessern
Leitung der Gerechtigkeitspflege theilte Ludwig Ix. das Reich in Gerichts-
bezirke mit königlichen Gerichtshöfen (Parlamenten), vorderen
Forum Falle von größerer Wichtigkeit und alle A p p e l l a t i 0 n e n von den G e -
richten der Gutsherren (P a t r i m 0 n i a l g e r i ch t e n ) gezogen wurden.
Er war der kräftigste Begründer eines geordneten Rechtszustandcs. „Gerechtig-
keit zu handhaben galt ihm für die vornehmste und zwar für die von der Religion
gebotene Pflicht eines Fürsten." Das Verdienst und die Ueberlegenheit der Richter
und die Gerechtigkeit Ludwigs, „der die Berücksichtigung der fremden Rechte so
gut wie der eigenen einscharfte," verschafften dem königlichen Gerichtshöfe überall
Eingang. Das Verbot des g e ri cht lich en Z w e i k a mp fs , die allmähliche
Einführung des Justinianeischen Rechts und die Begründung des Brief- lipviii.
adels, wovon unter seinem Sohn Philipp Iii. das erste Beispiel vorkommt,