1. Bd. 2
- S. 40
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
40 Das Zeitalter der Reformation. ,
im Namen einer christlichen Vereinigung und evangelischen Brüderschaft, der
Alle bettreten sollten.
§.460. Ihrem Beispiele folgten bald die Bauern im Odenwald,
am Neckar und in Franken, unter der Leitung des verwegenen Wirths
Georg Metzler von Ballenberg. Sie zwangen die Grafen von Hohen-
lohe, Löwenstein, Wertheim, Gemmingen, die Vorsteher des deutschen Or-
dens in Mergentheim u. a. die Artikel anzunehmen und ihren Unterthanen
die geforderten Rechte zu gestatten; wer ihnen zu widerstehen wagte, wie
Graf Helfenstein von Weinsberg, starb eines martervollen Todes.
Sengend und brennend durchzogen sie das Land, dem rohen Ungestüm ihrer
Natur folgend, zerstörten Klöster und Burgen und nahmen blutige Rache an
ihren Widersachern. Unter der Anführung tapferer Ritter, wie Florian
Geier und Götz von Berliching en mit der eisernen Hand (der halb
gezwungen halb freiwillig an ihre Spitze getreten war), drangen sie ins
Würzburgische vor, indeß andere Schaaren in den badischen Landen hausten,
den Markgrafen Ernst, der auf ihre Forderungen nicht einging, verjagten
und seine Schlösser brachen. Bald erstreckte sich der Aufstand über ganz
Schwaben, Franken, Elsaß und alle Gegenden an beiden Rheinufern. Die
geistlichen und weltlichen Herren geriethen in Schrecken und bewilligten die
Forderungen der empörten Bauern. Der Kurfürst von der Pfalz ging
einen Vertrag mit ihnen ein; die kleinern Städte, die durch den Hochmuth
und die Brutalität des Raubadels viel zu leiden hatten, schlossen sich ihnen
an, und selbst in den größern zeigten sich Gährungen ähnlicher Art; in
Heilbromn beriethen sich die Leiter des Aufruhrs über die gänzliche Um-
gestaltung' des Reichs in kirchlicher und politischer Beziehung. Mehr von
religiöser Schwärmerei geleitet war der Aufstand in Thüringen und am
Harz. In Mühlhausen war Thomas Münzer zu hohem Ansehen und
zum Rufe eines Propheten gelangt. Er verwarf Luthers gemäßigte Ansicht,
umgürtete sich mit dem „Schwerte Gideons" und wollte ein Gottesreich grün-
den mit Freiheit und Gleichheit aller Glieder. Von seinen Predigten ange-
feuert zerstörte das Volk in roher Wuth Schlösser, Klöster und Denkmäler
der Vorzeit^.
§. 461. Anfangs, als der Aufstand noch keine so drohende Gestalt an-
genommen, rieth Luther zum Frieden; er hielt den Fürsten und Herren ihre
Gewaltthätigkeiten vor, und mahnte zugleich die Bauern vom Aufruhr ab.
Als aber die Gefahr zunahm, Kirchliches und Weltliches vermischt ward und
die „Mordpropheten und Rottengeister" sich erhoben, da ließ er eine heftige
Schrift „wider die räuberischen und mörderischen Bauern"
ausgehen, worin er die Obrigkeit aufforderte, mit dem Schwerte drein zu
schlagen und keine Barmherzigkeit zu üben. Da zogen Fürsten und Reisige
von allen Seiten wider die Aufrührer aus. Kurfürst Johann von Sach-
sen, Landgraf Philipp von Hessen u. a. brachen gen Thüringen auf,