1. Bd. 2
- S. 54
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Das Zeitalter der Reformation.
anfertigen; er beförderte Gewerbfleiß (Seidenspinnerei in Lyon), legte den Grund
zur französischen Seemacht und trug zur Verbesserung des Kriegswesens bei. Aber
für Volksfreiheit, Bürger- und Menschenrechte hatte er keinen Sinn, und zur
Befriedigung seiner sinnlichen Genüsse gestattete er sich jede, auch die ungerechteste
Handlung. („Der König amusirt sich".) Um den zunehmenden Aufwand zu decken
wurde unter ihm die Sitte, die Richter- und Beamtenstellen zu verkaufen, immer
mehr herrschend. — „Franz I. (so schließt Ranke die Charakterschilderung dieses
Königs) liebte den Genuß. Glänzend in der ihm angeborenen Würde, von dem
Volke angebetet, herrlich und in Freuden wollte er seine Tage zubringen, in einer
ununterbrochenen raschen, vollen Bewegung aller Lebenskräfte: aber zugleich hatte
er eine große Sache durchzuführen und widmete sich ihr. Sein Leben war ein
fortwährendes Gefecht, ein politischer und militärischer Wettkampf. Den höchsten
Preis, der ihm in seiner Jugend vorfchwebte, hat er nicht davon getragen, aber
gegen den klugen, ruhigen und niemals rastenden, die Welt mit ehrgeizigen und
großen Gedanken umfassenden Gegner hat er das unabhängigeansehen, diemacht
seiner Krone behauptet. Daß er dies anstrebte und erreichte, darin lag das Ge-
heimniß des Gehorsams, den er fand. Er lebte, dachte und fühlte, wie sein Volk;
sein Glückswechsel, seine Gefahren und Verluste, so wie seine guten Erfolge, wa-
ren die der Nation."
I») Zunehmende Spaltung in Deutschland.
tz. 479. Herzog Ulrichs Rückkehr nach Würtemberg (1534).
Wie Frankreich und der Papst des Kaisers Uebermacht in Italien fürchteten, so
die deutschen Fürsten die Vergrößerung des östreichischen Hauses ini Süden und
Osten. Besonders fühlten sich die ringsum von östreichischem Gebiet eingeschloffe-
nen Herzoge von Bayern dadurch beunruhigt und machten nicht selten gemeine
Sache mit den protestantischen Fürsten gegen die Habsburger, mit denen sie doch
wieder gleiches kirchliches Interesse hatten. Dies zeigte sich besonders in der
Würtemberger Angelegenheit. Herzog Ulrich von Würtemberg
nämlich, ein jähzorniger, tyrannischer Mann, der aus Eifersucht einen Ritter sei-
nes Hofs (Hans von Hutten) mit eigener Hand erschlagen, seine Gemahlin, eine
bayerische Fürstentochter durch Mißhandlung zur Flucht gezwungen, seine Unter-
thanen gedrückt und die Reichsstadt Reutlingen erobert hatte, wurde endlich
wegen Landfriedensbruch geächtet und durch den schwäbischen Bund
(§. 461.), dem Reutlingen angehörte, und in welchem der Herzog von Bayern
(1519.) die Feldhauptmannschaft führte, von Land und Leuten vertrieben. Während der
14 Jahre, die er als Flüchtling im Ausland zubrachte, stand sein Herzogthum
unter östreichischer Verwaltung, da der schwäbische Bund dasselbe für den Ersatz
der Kriegskosten an den Kaiser verpfändet und dieser seinen Bruder Ferdinand
damit belehnt hatte. Als dieser aber anfing, das Land als sein Eigenthum zu
behandeln, erwachte das Mißtrauen der Fürsten, besonders der bayerischen. Sie
begünstigten daher die Flucht von Ulrichs Sohn aus östreichischer Gefangenschaft
in demselben Augenblick, wo die Auflösung des schwäbischen Bundes dem Land-
grafen Philipp von Hessen den Gedanken eingab, den an seinem Hofe als
Flüchtling lebenden Herzog nach Würtemberg zurückzuführen. Unterstützt von
Frankreich zog Philipp mit einem wohlgerüsteten Heer nach Schwaben - besiegte
den östreichischen Statthalter bei Laufen am Neckar und gab das mit leichter
Mühe eroberte Herzogthum dem rechtmäßigen Gebieter zurück. Ferdinand, der
umsonst den Papst um Hülfsgelder angegangen, mußte (durch den Vertrag von