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1. Bd. 2 - S. 72

1854 - Leipzig : Engelmann
72 Das Zeitalter der Reformation. Genf wie eine kriegerische religiöse Mark, an den Grenzen einer feindse- ligen Welt zum Angriff und zur Vertheidigung." Calvin selbst erlangte durch seine Schriften, durch seinen ausgebreiteten Briefwechsel, durch Rath- schlage und Gutachten eine Wirksamkeit und ein gesetzgebendes Ansehen gleich Luther und Melanchthon. Er war ein Mann von wenig Phantasie, aber hohem Verstand, und von unerbittlicher Strenge im Denken wie im Handeln. „Hart gegen Andere wie gegen sich selbst, doch nicht ohne ein tiefes Gefühl, jedem irdischen Genüsse feindselig, um Volksgunst unbekümmert, gebot er über die Geister durch die Ehrfurcht vor seinem starken reinen Willen." §. 499. Der Calvinismus. Die Lehre Calvins, wie ec sie in seinem „Unterricht über die christliche Religion" entwickelt hat, tragt den Charakter ihres Urhebers — Strenge und Einfachheit. In der Glaubens- lehre schließt er sich größtentheils an Zwingli an, doch nimmt er in der A b e n d- mahls lehre eine vermittelnde Stellung zwischen ihm und Luther und folgt in der Gnadenwahl der strengen Augustinischen Ansicht, wonach der durch die Erbsünde verderbte menschliche Wille unfrei und aus eigener Kraft zum Guten unfähig ist, folglich ein Theil der Menschen durch göttliche Vorausbestim- mung (Prädestination) zur Seligkeit, der andere zur Verdammniß bestimmt sein muß ; so daß das Heil der Erwählten, auch wenn sie irren und fallen sollten, nicht verloren gehen könne, wahrend derverworfene unwiderruflich von der himmlischen Seligkeitausgeschloffen sei. — Im Cu ltus und in den Ceremonien geht Cal- vin, wie Zwingli, auf die apostolische Urzeit zurück und verordnet die größte Einfach- heit. Bilder, Ornamente, Orgeln, Kerzen und Crucisixe sind aus der Kirche ver- bannt; der Gottesdienst besteht aus Gebet, Predigt und dem Absingen der von Beza bearbeiteten und von Goudimel mit Chorälen versehenen Davidischen Psalmen; außer dem streng gefeierten Sonntag (Sabbath) giebt es keine kirch- lichen Feste. — Die Verfassung der calvinischen Kirche ist eine republikanische Synod a lverfassung (wie sie ursprünglich durch den auf dermarburger Uni- versität wirkenden flüchtigen Franzosen Lambert auch für die hessische Landes- kirche beabsichtigt aber nicht erzielt worden). Die durch den Rath der Aelte- sten (Presbyterium) reprasentirte Kirchengemeinde übt die Kirchengewalt. Sie wählt den Geistlichen, überwacht durch dieaeltesten die Sitten, und handhabt Kirchenzucht, Kirchenstrafen und Almosenpflege. Die gesetzgebende Macht ruht in den aus Geistlichen und Aeltesten bestehenden Synoden, die theils eine Landschaft, theils die ganze Kirche reprasentiren. Die höchste Bedeu- tung legte Calvin auf die Kirchenzucht. „Der Grundsatz war, daß man Laster und Sünde vertilgen müsse, weil ihre Duldung den Zorn und die Rache Gottes herbeiziehen würde." In der Ausschließung von der Communion, die ihm als „der Mittelpunkt des kirchlichen, ja des gesammten individuellen und bürgerlichen Le- bens" galt, sah er das größte Strafmittel. Ihre Sittenstrenge führte die Calvi- nisten bisweilen auch zur Bekämpfung erlaubter Freuden, als Theater, Tanz und feinerer geselligen Genüsse, daher ihre Lehre weniger in den höhern Kreisen des Lebens als in dem Mittelstände Wurzel schlug. Am besten gedieh der Calvi- nismus bei dem gebildeten Bürgerstand der Städte, da er auf Beförderung eines thätigen, arbeitsamen Lebens, auf Verbannung des Luxus und aller überflüssigen Genüsse und auf Begründung strenger Zucht und Ehrbarkeit lossteuerte. h: 500. Verbreitung des Calvinismus. Calvin's Lehre kam zur Herrschaft in den französischen Kantonen der Schweiz; sie faßte Boden in
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