1. Bd. 2
- S. 144
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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23. Mai
1618.
20. Mai
1619.
6. Juni
1619.
Das siebenzehnte Jahrhundert.
dessen Entschlossenheit und Charakterfestigkeit für den Protestantismus Alles
zu befürchten stand, erregte bei den böhmischen Utraquisten und Lutheranern
Besorgniß, zumal, da die katholische Partei im Vertrauen auf diese Stütze
das Haupt stolzer emporhob und diejesuiten den Grundsatz aufstellten uovu8
rex nova lex! Da wurde bei dem Bau zweier protestantischen Kirchen auf
dem Gebiete des Abts von Braunau und des Klosters Grab (beitdplitz)
die Streitfrage erhoben, ob auch den evangelischen Unterthanen geistlicher
Stand e freie Religionsübung zustehe oder ob der Majestätsbrief diese nur
dem Herrn- und Ritlerstande und den königlichen Städten und Territorien
zusichere, wie der wörtliche Inhalt besagte. Die zum Nachtheil der Evange-
lischen gefällte Entscheidung, in Folge deren die eine Kirche geschlossen, die
andere niedergerissen wurde, steigerte die Aufregung. Die von den Protestan-
ten zur Wahrung ihrer Rechte aufgestellten Beschützer (Defensoren)
hielten eine Zusammenkunft und entwarfen eine Vorstellung an den in Un-
garn abwesenden Matthias. Aber die Antwort des Kaisers siel verweisend
aus und verbot alle weiteren Versammlungen. Da erschienen unter der An-
führung des Grafen von Thurn die Abgeordneten der utraquistischen
Stände bewaffnet auf der Schloßkanzlei, um die mit der Verwaltung Böh-
mens betrauten kaiserlichen Räthe, denen man das scharfe Schreiben Schuld
gab, zur Rede zu stellen. Nach kurzem Wortstreit ergriffen die erhitzten Pro-
testanten zwei der anwesenden Statthalter, Martinitz und Slawata,
die als katholische Eiferer besonders verhaßt waren, und warfen sie nebst
dem Geheimschreiber Fabricius zum Schloßfenster hinunter. Aber trotz
der Höhe und der nachgefeuerten Schüsse kamen alle mit dem Leben davon.
tz. 565. Ferdinand!!. Um der Strafe für diese rasche That zu ent-
gehen, rissen hierauf die utraquistischen Stande die Regierung des Landes an
sich, nahmen die Beamten in Eid und Pflicht, verjagten die Jesuiten und
rüsteten ein Kriegsheer unter Thurn's Oberbefehl aus. Die Nachricht von
diesen Vorgängen füllte die Seele des kränklichen Kaisers mit Schrecken und
Besorgniß; allein seine Vorschläge zur Milde und Nachgiebigkeit wurden
von Ferdinand bekämpft. Als dem Befehle, die neue Regierung aufzulösen
und die Truppen zu entlassen, nicht alsbald gehorcht wurde, rückte kaiser-
liches Kriegsvolk ins Land. Aber Thurn, unterstützt von dem tapfern
Schaarenführer Ernst von Mansfeld, schlug die feindliche Armee zurück
und zog dann, ermuthigt durch die Kunde von Matthias Tode und durch
die Furcht der Protestanten vor dem neuen Gebieter Ferdinand!!., in Brünn
ein; die Stände von Mähren schlossen sich, wie schon vorher die Schle-
sier und Lausitzer, an die Böhmen an und vertrieben die Jesuiten. In
Kurzem stand Thurn vor den Thoren Wiens, wo Ferdinand fest und
muthig verharrte, wohl einsehend, daß seine Flucht den Beitritt Oestreichs
zu Böhmen herbciführen und Habsburgs Kronen wanken machen würde.
Die gedrückten Protestanten von Oe streich traten mit Thurn in Verbindung ;