1. Bd. 2
- S. 153
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Der dreißigjährige Krieg.
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stand gegen Tilly's mordbrennerische Schaaren anflehte. Da kam es zu der
blutigen Schlacht von Leipzig und Breitenfeld , wo die kampfgeübten
kaiserlichen Schaaren durch das überlegene Feldherrntalent des Königs und
die standhafte Tapferkeit seiner Krieger eine schwere Niederlage erlitten.
Tilly, der selbst in Lebensgefahr schwebte, verlor 7000 seiner tapfersten
Streiter und mußte eilig nach dem Süden ziehen, indeß die Sachsen in
Böhmen einrückten und Gustav Adolf, dem nunmehr ganz Deutschland
offen stand, sich dem Main und Rhein zuwandte. Noch vor Ablauf des
Winters war das Bisthum Würzburg und der größte Theil der Unter -
Pfalz in schwedischen Händen.
§. 574. Gustavs Siegeszug. Das von seinem Bischof verlassene Stift
Würzburg mußte dem König huldigen und empfing eine schwedische Land es-
regierung. Die reiche Jesuitenbibliothek wanderte nach Upsala. Hierauf zog
Gustav über Hanau nach der kaiserlichen Krönungsstadt Frankfurt, bewerk-
stelligte bei Oppenheim einen beschwerlichen Uebergang über den Rhein
(wobei 500 Spanier erschlagen wurden), besetzte Mainz, Worms, Mannheim,
Speier und viele pfälzische Orte. Dieser glanzende Fortgang scheint in Gustavs
Seele allerlei hochstrebende Plane geweckt zu haben. Daß er sich an verschiedenen
Orten als Lehnsherr huldigen ließ, daß er den geachteten Kurfürsten von der
Pfalz, der sich in Frankfurt bei ihm eingefunden, zwar mit großer Auszeichnung
behandelte und bei sich behielt, aber nicht in seine Staaten einsetzte, daß er deut-
sche Fürsten ermunterte, in schwedische Kriegsdienste zu treten (wie den tapfern
Bernhard von Weimar u. A.), das Alles schien anzudeuten, daß Gustav mit
dem Gedanken umgehe, festen Fuß in Deutschland zu fassen und vielleicht die Kai-
serkrone auf sein Haupt zu setzen. Der Kurfürst von Sachsen schöpfte bald Arg-
wohn und führte daher den böhmischen Krieg mit großer Schonung gegen die ka^
tholische Kirche und die kaiserliche Regierung, um sich den Rückweg zu Ferdinands
Gnade nicht zu erschweren. Auch andere Fürsten wurden lau. Dagegen gewann
der mit allen körperlichen und geistigen Vorzügen begabte König immer mehr die
Herzen des Volks. Sein freundliches, mildes Wesen und seine aufrichtige Fröm-
migkeit erweckten eben so sehr Liebe, wie seine Regentenweishcit, sein Muth und
Feldherrntalent Ehrfurcht und Bewunderung.
Im Frühjahr rückte Gustav Adolf über Nürn b erg, wo er mit Jubel
empfangen und reich beschenkt ward, an die Donau, um den Krieg nach
dem bisher verschont gebliebenen Bayern zu tragen und sich mit Tilly,
der nahe bei dem Einfluß des Lech in die Donau eine feste Stellung genom-
men, abermals zu messen. Er erzwang den Uebergang über den wohl ver-
theidigten Lech. Bei der Erstürmung der feindlichen Schanze wurde Tilly
durch eine Stückkugel so gefährlich verwundet, daß er '14 Tage nachher in
Ingolstadt starb, noch im Augenblick des Todes mit kriegerischen Gedanken
beschäftigt. Der Krieg füllte des Helden ganze Seele. Einfach und mäßig
in seiner Lebensweise, verschmähte er Geld und Güter, wie Titel und Wür-
den. Sinnliche Genüsse waren ihm eben so fremd wie höhere Bildung und
Adel der Gesinnung. Nach der Besetzung von Augsburg, wo sich Gustav
Adolf huldigen ließ, den lutherischen Gottesdienst wieder herstellte und den