Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Bd. 2 - S. 162

1854 - Leipzig : Engelmann
102 Das siebenzehnte Jahrhundert. waren die nächste Folge der fürstlichen Territorialhoheit, wodurch wieder Meh- rung der Steuern und Abgaben und Ausdehnung der Hoheitsrechte herbeigeführt wurden. Die größtentheils den Landesfürsten zu gute kommende Säkularisation der geistlichen Stifter trug zur Ausbildung und Hebung dieser Territorialgewalt wesentlich bei. b) Was Deutschlands religiöse Zustande angeht, so war der Sieg, den die protestantische Kirche aus dem Westfalischen Frieden davontrug, zunächst kein Gewinn für den freien Glauben. Denn der lebendige und schöpferische Geist, den die Reformatoren der Kirche eingeflößt, wich allmählich einer starren Verehrung des Buchstabens der symbolischen Bücher und einem neuen knechtischen Autoritätsglauben, eine starre mit rechthaberischer Heftigkeit verfochtene Orthodoxie trat an die Stelle der innern Glaubenswärme und statt des geistigen Lebens und der schaffenden Seelenthätigkeit des 16. Jahrhun- derts herrschte nunmehr ein dürrer Dogmatismus und eine protestantische Scho- lastik, bis einerseits die Gemüthswelt der Pietisten, anderseits die Spekula- tion der Philosophen sie bemeisterten. c) Für Ackerbau, Gewerbfleiß und Handel hatte der dreißigjäh- rige Krieg die nachtheiligsten Folgen. Die Verheerungen der Soldaten hatten ganze Gegenden in Wüsteneien umgewandelt und die heimkehrenden Krieger fan- den statt volkreicher Städte und blühender Dorfschaften Aschenhaufen und Trüm- mer und statt Felder und Wiesen — mit Buschwerk überdecktes Haideland. Hat- ten doch Schwert, Hungersnoth und Seuchen über die Hälfte der Bevölkerung dahingerafft! — und gab auch der Pflug und die Karste dem Boden seine frühere Gestalt wieder, Industrie und Handel erlangten nie mehr ihren vorigen Flor. Weder die Auffindung des Seewegs nach Ostindien noch die Ausbreitung der türkischen Herrschaft über die Levante und die Südküsten des Mittelmeers waren vermögend gewesen, im Reformationsjahrhundert den italienisch-deutschen Handel zu vernichten, vielmehr nahm nach dem Abschluß des Augsburger Friedens die Handels- und Gewerbthätigkeit einen neuen Schwung, als der ganze Westen Europa's durch Philipps ll. Religionseifer von blutigen Kriegen heimgesucht war. Roch beherrschte die Hanse den nordischen Handel, bis England und Holland, wo die Reformation neue Lebensthätigkeit geschaffen, ihr über den Kopf wuchsen; die Augsburger Kaufleute Fugger und Welser machten Antwerpen, wohin sie übersiedelten, zur glücklichen Nebenbuhlerin von Lissabon und ließen Handels- schiffe nach Ostindien und Amerika absegeln, bis Alba's Härte den Flor von Ant- werpen vernichtete und Handel und Verkehr ihren Sitz in Amsterdam nahmen. Große Handelsstraßen durchzogen Deutschland von Danzig nach Genua, von Nürnberg nach Lyon; schlesische Leinwand, wollene Tücher und Seidenstoffe wur- den in Deutschland fabricirt und dem Auslande mit unermeßlichem Gewinn zu- gcführt. Allgemeiner Wohlstand war die Folge. Mit der Thätigkeit der Hände hielt die Regsamkeit des Geistes gleichen Schritt. Dies alles ging durch den drei- ßigjährigen Krieg zu Grunde. Der Hansebund umfaßte bald nur noch Lübeck, H a m bürg und Bremen, neben welchen Städten blos noch Frankfurt und Leipzig lebhaften Handel trieben; die meisten Reichsstädte wurden allmäh- lich von fürstlichen Residenzstädten überholt und verloren ihre Bedeutung; manche gingen ihrer Selbständigkeit verlustig und wurden Landesfürsten unter- than. Die bisherigen Handelswege konnten der Unsicherheit wegen nicht mehr befahren werden, daher wurden die Märkte und Waarenlager verlegt; baar Geld war wenig im Lande und bis die Wunden des Kriegs geheilt waren, hatten die Niederlande, England und Frankreich einen zrffgroßen Vorsprung gewonnen. —
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer