1. Bd. 2
- S. 164
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Das siebenzehnte Jahrhundert.
Minderung des Kronguts waren bei Christina's Abdankung die königlichen Ein-
künfte so zusammengeschmolzen, daß ohne eine übermäßige Belastung des gedrück-
ten Bauernstandes die Regierungsausgaben nicht bestritten werden konnten. Der
Adel mußte sich daher in die Nothwendigftit fügen, die seit Gustav Adolfs Tod
durch Kauf, List oder Schenkung erworbenen Krongüter theils mit, theils ohne
Entschädigung wieder herauszugeben. Die Herausgabe war aber sehr unvollstän-
dig, daher unter der folgenden Regierung eine gänzliche Reduction aller Kron-
güter erzwungen ward.
a) Po lenkri eg. Um der beschränkten Königsmacht wenigstens
äußern Glanz zu verleihen suchte der neue König Karl (X.) Gustav von
Pfalz-Zweibrücken (Kleebürg) den schwedischen Kriegsruhm zu
erneuern. Zu dem Ende gab er den Einflüsterungen eines verrätherischen
polnischen Vicekanzlers Gehör und überzog das von äußern Feinden be-
drohte und von innern Factionen zerrissene Polen mit Krieg. Die Weigerung
Johann Casimirs von Polen, den neuen Schwedenkönig anzuerkennen
und die von seinem Vater Siegmund (§. 510.) ererbten Ansprüche auf
den schwedischen Thron aufzugeben, mußte als schwacher Grund zum Krieg
dienen.
W la d i s lav Iv. und sein Bruder und Nachfolgeri o h a nn Casimir, die
Wl!d?s- Söhne des schwedischen S i e g m u n d, führten einen blutigen Kampfwider die als ge-
laviv. wandtereiter ausgezeichneten Kosaken, die an den Küsten des schwarzen Meers
Johann' ein kühnes Freibeuterleben führten, dem Namen nach der polnischen Schutzherrlich-
.^Castmir feit unterworfen, in der That aber unter selbstgewählten Häuptlingen (Hetmans)
einer wilden Ungebundenheit folgend. Da beschloß der polnische Reichstag, den
Kosaken das Wahlrecht ihres Hetmán zu entreißen und das Land durch polnische
Statthalter verwalten zu lassen. Der Druck der fremden Beamten, verbunden
mit Religionszwang, brachte aber das wilde, streitbare Volk bald zur Em-
pörung. Unterstützt von den Tartaren und Russen erkämpften sie sich Unab-
hängigkeit von Polen und begaben sich dann unter die Schutzherrlichkeit des
Zaar's von Moskau. Als Bekenner der griechischen Religion standen sie
ohnedieß den Russen näher als den römisch-katholischen Polen. Umsonst kehrte
(Kosakcn- der polnische Adel sein Schwert gegen die früher oft überwundenen Feinde; die
1647-54.Russen und ihre neuen Bundesgenossen behielten den Sieg über Wladislav, der
noch vor Beendigung des Krieges kummervoll ins Grab sank; sie eroberten Smo-
lensk und Kiew und bedrohten Polen im Osten zu derselben Zeit als der
Schwedenkönig mit seinen abgehärteten Truppen und seinen im dreißigjährigen
Kriege gebildeten Feldherren siegreich von Norden und Westen vorrückte.
Die verrätherischen Statthalter (Starosten) von Posen und Kalisch
übergaben die ihnen anvertrauten Provinzen dem schwedischen General
Wittenberg. Karl Gustav selbst, kampflustig und ruhmbegierig, nahm
Warschau und Krakau ein, nöthigte den König Johann Casimir zur
Flucht nach Schlesien, eroberte Masovien und andere Landschaften und
konnte sich, als auch das von den Russen bedrängte Litthauen sich den
Schweden unterwarf, als Herrn von Polen ansehen. Um das Erworbene
sicherer zu behaupten, schloß er mit dem großen Kurfürsten Friedrich