1. Bd. 2
- S. 179
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Die englische Thronumwälzung. 179
Eifer verschmähte weltliche Rücksicht. Das allgemeine Gebetbuch und die
anglicanischeliturgie wurden sofort durch einen dem presbyterianischen nach-
gebildeten Gottesdienst und das hierarchische Episcopalsyftem von der presbyte-
rianischen Synodalversassung verdrängt; Bilder, Zierrath, Orgeln u. dergl.
verschwanden aus der Kirche, die gemalten Fenster wurden eingeschlagen, Monu-
mente, die als Träger des Aberglaubens und der Abgötterei gelten konnten, nie-
dcrgerissen und die Feiertage verboten. Die von Laud entsetzten puritanischen
Geistlichen traten ihre Stellen wieder an und hielten durch lange Predigten den
Fanatismus wach, indeß der gefangene Erzbischof sein Leben auf dem Blutgerüste
beschloß, und die anglicanischen Geistlichen, die der neuen Kirchenform nicht hul-
digen und dem geistlichen Ornate nicht entsagen wollten, ihre Pfarreien verloren.
Die früher mißhandelten Puritaner schwangen die Geißel der Verfolgung über
die Nacken ihrer ehemaligen Verfolger und wurden aus Bedrückten Bedrücker.
Die Erscheinungen blieben dieselben, aber die Spieler auf der Schaubühne des
Lebens hatten ihre Rollen gewechselt. — Bald brach jedoch im Heerlager der
Sieger selbst Zwiespalt aus. Die Independenten, die wegen ihres Enthu-
siasmus, ihres Eifers und ihrer Energie bei dem Parlamente, dem Heere uno
der Bürgerschaft immer mehr an Ansehen gewannen und nicht gewillt waren, die
schwer errungene Freiheit und Unabhängigkeit einem fremden Kirchenregiment
unterzuordnen, murrten, daß der kirchliche Despotismus nur eine andere Form
angenommen und daß nun statt einiger wenigen Bischöfe eine Schaar presby-
terianischer Geistlichen in den Synoden ihre Zwingherrschaft übten. Sie ver-
langten, daß jede kirchliche Gemeinschaft gesetzgebendes Recht über Glauben, Cul-
tus und Disciplin habe, daß alle Kirchengemeinden, die sich durch das freiwillige
Zusammentreten gleichgesinnter Gläubigen bildeten, gleichberechtigt seien, und daß
Niemand gezwungen werde, sein Gewissen unter eine allgemeine Vorschrift zu
beugen, sondern daß Jedermann Gott nach eigenem Ermessen dienen möge; Ver-
schiedenheit des Glaubens und Cultus müsse folglich gestattet und Toleranz eine
heilige Pflicht sein. Geistige Freiheit, sowohl auf dem Gebiete der Religion als
im Bereiche des Gedankens und des geschriebenen und gesprochenen Worts, war
die mächtige Losung der Independenten.
Aus Furcht über die zunehmende Macht der Independenten suchten die
Presbyterianer im Parlament eine Versöhnung mit Karl. Allein die Unter-
handlungen von Uxbridge scheiterten an der geforderten Abschaffung des
Episcopats und der Uebertragung des Befehls über die Land- und Seemacht
an das Unterhaus. Um so kühner erhoben die Independenten das Haupt.
Sie setzten die Selbstentsagungsakte durch, nach welcher kein Mit-
glied der beiden Häuser eine Befehlshaberstelle oder ein Amt bekleiden dürfe.
Dadurch wurde Essex zur Niederlegung seiner Kriegswürde gezwungen und
Fair fax, ein talentvoller, aber ganz von Cromwell geleiteter Feldherr, trat
an die Spitze des Gesammtheers. Cromwell, das Haupt der Independenten,
hatte die Selbstentsagungsakte am eifrigsten betrieben. Er begab sich zum
Heer, um sein Commando in Fairfax' Hände niederzulegen. Aber dieser
erklärte alsbald dem Parlamente: Cromwell sei unentbehrlich; nur Er könne
die Reiterei führen;— denn wo Er mit seiner gottseligen Schaar im Namen
des Herrn kämpfte, da war stets der Sieg. Das Parlament willigte ein und
die Schlacht bei Naseby, wo der Rest der königlichenarmce zerstreut und
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Januar
1645.
Februar
1645.
14. Juni
1645.