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1. Bd. 2 - S. 206

1854 - Leipzig : Engelmann
206 Ausgang des siebenzehnten Jahrhunderts. Kloster zerstört und selbst die Leichname ausgegraben. Aber die Ansichten des Port Royal erhielten sich theils als ein von Rom getrenntes Kirchenwesen in den Niederlanden (Utrecht und Haarlem), theils als G efü h lsschwa r- merei (convulsionaires), theils als freisinniges Element in der katholi- schen Theologie und bei einem Theile des französischen Klerus. §. 618. b) Huguenottenverfolgung. Ein Despot wie Ludwig Xiv., der sich für ein sündhaftes Leben mit einer vorübergehenden Devotion und Reue ohne Sinnesänderung und Zerknirschung abfand, mußte besonders Aergerniß nehmen an dem demokratischen Wesen der Calvinisten, an ihrem auf Sitten- strenge gegründeten religiösen Ernste, an dem Stolze, der ihnen das Gefühl der Geistesfreiheit und Selbsterkenntniß einflößte; zu dieser Abneigung kam noch Ludwigs Ansicht, daß Einheit der Kirche zu einer vollendeten Monarchie eben so nothwendig sei wie Einheit des Staates. Darum bedrückte ec die Janse- nisten, bis ihr Widerstand gegen das königliche Oberhaupt gebrochen war, und zwang durch die härtesten Verfolgungen die Ealvinisten theils zur Flucht, theils zur Rückkehr in den Schooß der herrschenden Kirche. Lange Hintertrieb E o l b e r t, der die Huguenotten als betriebsame, gewerbthatige Bürger schätzte, gewaltsame Maßregeln; aber die Einflüsterungen des königlichen Beichtvaters La Chaise, eines Jesuiten, der Bekehrungseifer der frömmelnden Maintenon (die aus einer verlassenen Waise protestantischer Eltern zuerst die Gattin des verwachsenen, witzigen Dichters Scarron, dann die Erzieherin der natürlichen Kinder des Königs und endlich Ludwigs angetraute Gemahlin geworden) und der despotische Sinn L o u v o is' trugen endlich den Sieg über Colberts weisere Rathschlage davon. Eine lange Reihe drückender Maßregeln gegen die Huguenotten bereiteten den Hauptschlag vor. Zuerst nahm man ihnen den Rest ihrer politischen Sonder- rechte, die geth eilten Kammern, dann minderte man durch gezwungene Deutungen des Edikts von Nantes die Zahl ihrer Kirchen, beschrankte den Gottesdienst auf wenige Hauptorte und verbot ihre Synoden. Ludwigs Anfälle von Reue und Andacht wurden stets die Quelle neuer Drangsale für die calvini- schen Ketzer, durch deren Bekehrung er seine Sünden zu sühnen hoffte. Man schloß sie allmählich von Aemtern und Würden aus und begünstigte die Bekehr- ten; dadurch wurden die Ehrgeizigen verlockt; die Armen suchte man durch Geld zu gewinnen, das aus Ludwigs Bekebrungskaffe und aus den milden Gaben vornehmer Frommen floß; und durch die Verfügung, daß der Uebertritt minderjähriger Kinder bis zu sieben Jahren herab gültig sei, öffnete man dem Bekehrungseifer ein weites Feld. Familien wurden getrennt, Unmündige ihren Eltern entriffen und im katholischen Glauben erzogen. Hof und Klerus, der lieblose und beredte Bischof B ossuet an der Spitze, setzten alle Mittel in Bewegung, um Frankreichs kirchliche Einheit zu begründen. Der Adel opferte seinen Glauben der Hofgunst, seitdem der Huguenotte T ü r en n e, der ruhm- bedeckte Marschall Frankreichs der Beredsamkeit Boffuets gewichen; unter dem Pöbel ließ sich mancher durch Geld zum Besuche der Messe bewegen, was die Jesuiten und Frömmler zu tauschenden Beweisen für die leichte Ausführbarkeit einer kirchlichen Einigung benutzten; aber der wohlhabende Bürgerstand, der Kern der calvinischen Confession, widerstand allen Lockungen. Er konnte nur durch Gewalt bezwungen werden; darum schritt man endlich zu den Dra- gonaden. Auflouvois' Befehl besetzte Reiterei die südlichen Landschaften seit 1680. an den Pyrenäen, der Garonne und Rhone und nahm ihre Quartiere in den Wohnungen der Huguenotten. Bald schwand der Wohlstand der qewerbsamen Bürger, von deren Gut die rohen Dragoner praßten. Die brutalen Mißhand-
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