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1. Bd. 2 - S. 207

1854 - Leipzig : Engelmann
Das Zeitalter Ludwigs Xiv. 207 langen der gespornten Bekehrer, die das Haus des Abtrünnigen veriießell und in doppelter Anzahl bei den Standhaften einrückten, wirkten mächtiger als alle Lockungen des Hofs und alle Verführungen der Priester. Taufende entflohen ins Ausland, um auf fremder Erde ihres Glaubens zu leben; aber noch sehr groß war die Zahl derer, die unter allen Drangsalen standhaft blieben, als die Auf- 22 Hebung des Edikts von Nantes dem Verfolgungsfystem die Krone auf- ~i'6s5,' setzte und die Huguenotten in Verzweiflung stürzte. Ihr Gottesdienst ward gänz- lich verboten, ihre Kirchen wurden niedergerissen, ihre Schulen geschlossen, ihre Prediger, sofern sie dem für ihre Bekehrung verheißenen Preis widerstanden, des Landes verwiesen. Und als die Auswanderung in erschreckendem Maße zunahm, wurde dieselbe unter Galeerenstrafen und Güterverlust untersagt. Aber trotz aller Drohungen und Verbote trugen über 500,000 französische Calviniften ihre Be- triebsamkeit, ihren Glauben und ihr Herz in das protestantische Ausland. Die Schweiz, die Rheinpfalz, Brandenburg, Holland und England (Spitalsield in London) boten den Verfolgten ein Asyl. Ihre Bildung, ihre Industrie, ihre gei- stige Rührigkeit blieb nicht ohne Einfluß auf die Cultur der Völker, zu denen sie geflüchtet. Aber in Frankreich war der Wohlstand und die beneidete Blüthe der südlichen Landschaften dahin! Die Seidenwebereien und die Kunst des Strumpf- wirkens wurde durch flüchtige Huguenotten dem Auslande mitgetheilt; calvinische Schriftsteller richteten ihre Feder gegen Frankreich und calvinische Krieger traten in die Reihen der Feinde beim Wiederausbruch des Krieges. Schmeichler priesen den König als Vertilger der Ketzerei; aber der Heldenmuth der Bauern in den Cevennen und die Tausende von Huguenotten, die mit stiller Hausandacht sich begnügten, bewiesen, wie wenig der Religionsdruck dem gehofften Ziele zu- führte. Als sich nämlich die Verfolgung auch in die stillen Thaler der Eeven- nen erstreckte, wo Abkömmlinge der Waldenser, die sich den Ealvinisten ange- schlossen, in Glaubenseinfalt und nach alter Sitte dahinlebten, da fanden die Dränger hartnäckigen Widerstand. Die Verfolgung erhöhte den Muth der Ge- drückten, die Mißhandlungen steigerten ihren Glaubenseifer zur Schwärmerei. Angeführt von einem jungen Handwerker warfen die in leinene Kittel gekleideten Camisarden „die nackte Brust den französischen Marschnllen entgegen." Ein grauelvoller Bürgerkrieg, in dem über 100,000 Menschen bluteten, füllte die friedlichen Thaler der Eevennen und fand erst sein Ende, als der französische Machthaber den von flüchtigen Predigern im Dunkel der Wälder zum Fanatis- mus begeisterten Kämpfern Freiheit des Glaubens zugestanden. An zwei Mil- 1704. Horten Huguenotten blieben fast rechtlos und ohne Gottesdienst, bis mildere Zei- ten die strengen Ketzergesetze ermäßigten. — Auch die frommen Waldenser in den Thalern von Piemont wurden auf Anstiften französischer Religionseiferer um die- selbe Zeit verfolgt. 4) Ludwigs Xiv. Uebermuth und Oestreichs Bedrängniß. §. 019. Die Reunionen. Die Artikel des Nymweger Friedens waren von den europäischen Machten angenommen worden, wie sie Frank- reich vorgeschrieben. Ermuthigt durch diese Furchtsamkeit schritt nunmehr Ludwig zu den unerhörten Reunionen. Es wurde die Behauptung aufge- stellt, eineanzahlortschaften undgebietstheile seien als ehemaligepertinenz- oder Dependenz-Stücke der im Westfälischen und Nymweger Frieden an Frankreich gefallenen Landschaften und Städte in der Abtretung inbegriffen.
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