1. Bd. 2
- S. 221
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Das Zeitalter Ludwigs Xiv.
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England. Deutschland, von seinen Verbündeten verlassen, kam auch hier wieder am
schlimmsten weg; es mußte nicht nur Straßburg und die elsässischen Reunionen gegen die
Rückerstattung von Freiburg, Breisach und Philippsburg in den Händen der Franzosen
lassen, sondern auch die ausgezwungene Klausel genehmigen, daß in allen protestantischen,
von den Franzosen vorübergehend oder dauernd besessenen Ortschaften der katholisch e
Cultus geduldet und das gegen Fürstenberg eingeleitete Gerichtsverfahren niedergeschla-
gen werden solle. Dagegen wurden Lothringen und Zweibrücken ihren frühcrn Besitzern
zurückgegeben.
Frankreichs klassische Literatur.
§. 627. D i e Akademie. Die romantische Poesie des Mittelalters, die
in Frankreich frühe zu hoher Blüthe gediehen, wurde im 16. Jahrhundert durch
die klassische Literatur des Alterthums und ihrer Nachahmer gänzlich verdrängt.
Der witzige, von König Franz I. begünstigte Rabelais verspottete in seinem Rabelais
satirischen Roman Gargantua und Pantagruel die romantische Poesie und ‘
ihre Helden. Seine auf einer alten Volkssage beruhende Geschichte von dem
Riesen Gargantua und seinem Sohne Pantagruel ist eine von natürlichen
Derbheiten, Unschicklichkeiten, cynischen Ausdrücken und Obscönitaten angefüllte
poetische Ca rica tur, die aber durch achten Volkswitz, durch komische und
satirische Anspielungen, durch lebendige, anschauliche Schilderungen und durch
volksthümlichen Spott, Scherz und Humor höchst anziehend und unterhaltend ist.
„In dem Abbild von Zuchtlosigkeit, voll abstoßender Nacktheiten, das er aufrollt,
verbirgt sich ein tiefer Ernst." Er zieht das ganze öffentliche Leben in Kirche und
Staat in das Bereich seiner Satire; er rügt die Irrungen aller Stande, die
Mißbrauche der Justiz, die Erpreffungen der Beamten, die Sittenlosigkeit des
Elerus, alle offenen und geheimen Beschwerden des Volks. Rabelais'zeitgenosse, Clement
der leichtfertige Clement Maro t, der Uebersetzer der davidischen Psalmen, ^554.
und der geschmacklose von pedantischer Gelehrsamkeit strotzende Pet. Ronsard Ronsard
ahmten die römischen Dichter, besonders Horaz und Ovid so sclavisch nach, ^
daß sie sogar viele lateinische Worte und Wendungen in ihre französischen Ge-
dichte einmengten, und Jod elle machte den ersten Versuch, das antike Drama
(mit dem Chor) in Frankreich einzusühren. Selbst Malherbe, mit dem diemalhcrke
Franzosen ihre klassische Literatur beginnen, ist in seinen glatten aber gedanken- ^ lc28‘
armen und phantasielosen Gedichten nur Nachahmer der Alten, und auch der
Huguenottendichter Dü Bartas, dessen „Woche der Schöpfung" von Milton
benutzt wurde, lehnten sich an das Alterthum an. Dieses enge Anschließen an die
antiken Formen und Dichtungsarten verblieb der französischen Literatur auch
dann noch, als durch Richelieu's Akademie (§. 609.) für Sprache und Ge-
schmack ein höchster Gerichtshof gegründet worden. Dieses unter königlichem
Schutz stehende Institut benabm übrigens der französischen Literatur die freie
Entwicklung und drückte ihr den Charakter der höfischen auf. Nur was die
Grammatik und das Wörterbuch der Akademie als sprachrichtig bezeich-
nete, fand allgemeine Geltung und ihre Poetik und Rhetorik bestimmten die
Formen und Regeln wie man dichten und schreiben müsse. Hatte das erstere we-
nigstens den Vorzug, daß die französischen Schriftsteller Sprache und Styl
beachten und ausbilden mußten (ein Vorzug, der ihnen bis auf den heutigen Tag
vor den deutschen geblieben ist), so schlug dagegen das letztere jede Naturanlage,
jede geniale Eigenthümlichkeit in die Schranken der Convenienz und der Regel.
Nichts desto weniger verschaffte jene Eleganz der Form, jene Leichtigkeit und