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1. Bd. 2 - S. 223

1854 - Leipzig : Engelmann
Das Zeitalter Ludwigs Xiv. 223 Der vollendetste dramatische Dichter Frankreichs, wenn gleich dem vorigen an Kraft und Charakterschilderung nachstehend, ist I. Racine, bei dem die Eleganz der Form und die Schönheit der Sprache unübertrefflich sind. In seinen beiden ersten Stücken (die „feindlichen Brüder" und „Alexander") erscheint erals Nachahmer Corneille's; erst in der „An dr om a che" und im ,, Britanniens" schlug er eine eigenthümliche Bahn ein und wurde national. In dem letztern Stück ist die Schil- derung des verfeinerten, von Tücke und Ränken umstrickten römischen Hofs zu Nero's Zeit besonders interessant und gelungen, weil die ähnlichen Zustände des französischen Hofes unter Ludwig Xiv. dem Dichter dabei vor der Seele standen, was seinem Gemälde Farbe und Leben gibt. In der „Berenice" ist eine seine Schmeichelei aufludwigs erstegeliebte nicht zu verkennen; im „Mithridates" entwickelte Racine eine richtige Kenntniß des Alterthums, nur ist hier die Ansicht, daß in jedem Stücke ein Liebesverhältniß Vorkommen müsse, besonders übel angewandt, von der „Jphigenia" und „Pljädra" behaupten die französischen Kritiker, besonders Laharpe, daß sie den gleichnamigen Stücken des Euri- pides vorzuziehen seien; hinsichtlich der Anlage mögen sie vielleicht Recht haben, aber die kräftigen Züge und das ächte Colorir des Alterthums, wie sie sich in Euripides bei allen Mängeln noch finden, fehlen der pomphaften und conventionellen Poesie der Fran- zosen gänzlich. In beiden hatte Racine den Höhepunkt seiner dichterischen Ausbildung er- reicht, als Frau von Maintenon in eine Art Pietismus versank und an der weltlichen Dichtkunst Anstoß nahm. Sie beredete daher Racine zu den beiden letzten Dramen bibli- schen Inhalts, „Esther" und ,,Athalie", wovon jenes für die unter dem Schutz der Frau v. Maintenon stehende weibliche Erziehungsanstalt von St. Cyr bestimmt war, das letztere erst nach des Dichters Tod zur Aufführung kam. Gleichzeitig mit Racine brachte Jean Bapt. Poquelin de Molière 1^0^73, das französische Lustspiel zur Vollendung. Er war zuerst Director einer wan- dernden Schauspielertruppe, bis ihm die Leitung und Anordnung der königlichen Bühne übertragen wurde. Molière verband mit der Kenntniß des antiken Dra- mas und der spanischen Bühne tiefe Menschenkenntniß und ein vollkommenes Verstandniß seiner Zeit mit allen ihren Gebrechen. Sorgfalt bei der Ausarbei- tung und Gewandtheit und Leichtigkeit im Versemachen gaben seinen Dichtungen eine hohe Vollendung und Glatte der Form. Uebrigens muß man unter Moliercks Dramen die schnell entworfenen Gelegenheits- stücke (wie la princesse delide, l’amour médecin und selbst les fâcheux) von den ausge- arbeiteten und klassischen Stücken unterscheiden. In diesen wußte er geschickt die antike Charakterkomödie und ihr moralisches Ziel mit den spanischen I n trigu en st ü cken, in denen die Anlage, die Verwickelung des Knotens und der Begebenheit die Hauptsache ist, zu verbinden. Unter seinen zahlreichen Stücken heben wir hervor: die Affectirten les précieuses ridicules), worin die damals herrschende Ziererei und Sentimentalität, die Affectation des Geschmacks, Alles geistreich und originell sagen zu wollen, und die gezwungene Complimentensucht dem Spotte preis gegeben wird ; die S chule d er Män- n er und die Schule der Frauen gehören zu seinen gelungensten Stücken; in der dramatischen Posse Kritik der Schule der Frauen machte er die albernen Beur- theilungen dieses Drama's lächerlich. Der Menschenfeind (misanthrope) ist durch den Streit Rousseau's und d'alemberts über die Errichtung eines Theaters in Gens berühmt geworden, wobei jener das Stück einseitig sophistisch tadelte uno dieser es eben so einseitig sophistisch vertheidigte. Das Komische und Lächerliche eines taktlosen Wahrheitsfrcundes in einer unwahren Welt und eines ungeschickten Vertheidigers wahrer Empfindung im ge- wöhnlichen Verkehr des Lebens ist freilich für das größere Publikum zu fein. Um daher das Volk nicht leer ausgehen zu lassen, verfaßte M 0 l i ère von Zeit zu Zeit Possen und Na-
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