1. Bd. 2
- S. 236
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Victor
Amu-
deus Ii.
1675 —
1730.
1720.
1730.
Karl
Ema-
rtuel 111.
1730-73.
Victor
Ama-
deus Iii.
1773-96.
1571.
1669.
1699.
1718.
236 Erste Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts.
mundschaftliche Regierung viel Unglück über Volk und Lund; aber durch die glan-
zenden Eigenschaften und das Glück seines Nachfolgers Victor Amadeus Ii.
wurde das Herzogthum so sehr vergrößert, daß die Herrscher von dem an den Ti-
tel Könige von Sardinien führten; nachdem sie diese Insel gegen das ur-
sprünglich erworbene Sicilien eingetauscht (§. 636). Victor Amadeus „ist ein
höchst seltenes Beispiel in der Geschichte, daß ein kleiner Herr mit großen zusam-
menspielte, und doch am Ende des Spiels einen beträchtlichen Gewinn machte."
Ec war nicht nur darauf bedacht, sein Reich zu mehren und zu befestigen; er ver-
besterte auch die Rechtspflege, entriß dem Adel die lange besessenen Kronlandereien,
gründete die Universität Turin und hob den Schulunterricht. In einem Alter von
64 Jahren übergab er seinem Sohne die Regierung, bereute aber den Schritt
bald wieder und lebte noch zwei Jahre kummervoll und bewacht im Palaste Ri-
voli. Karl Emanuel Iii. erwarb im östreichischen Erbfolgekriege einige be-
trächtliche Landstriche vom Herzogthum Mailand (§. 661.) und suchte durch ge-
geordneten Staatshaushalt und durch Beiziehung der Geistlichkeit zu den Steuern
des Landes die großen Ausgaben zu decken, die ein übermäßiger kostspieliger Mi-
litarstand unter adeligen Ofsicieren herbeiführte. Dabei war er auf Abstellung
und Erleichterung der Feudallasten bedacht, und traf manche gute Einrichtung,
ohne die reformirende Hast vieler gleichzeitigen Fürsten und Minister zu theilen.
Aber ein abgelebter Staat und ein erschlafftes, unmündiges Volk trug nicht die
Kraft in sich, einem mächtigen Stoß von Außen zu widerstehen; als unter Vic-
tor Amadeus Hl., der des Vaters gute und fehlerhafte Maßregeln fortsetzte,
die französische Revolution an die Thore von Savoyen und Piemont schlug,
wurde das Land bald eine Beute der anstürmenden Nachbarn. — Die Republiken
Venedig und Genua suchten ihre aristokratische Verfaffung im altenzustand
zu erhalten. Dem erstern gelang es, die strengen Formen gegen jede Neuerungs-
sucht zu behaupten, allein der Stillstand und die politische Versumpfung, die da-
durch über das ganze öffentliche Leben kam, zerstörte im Volke alle Kraft und
Energie und legte den Keim des Todes in das ganze Staatswesen. Die Tür-
ken kriege waren nicht rühmlos für die Republik, da der Reichthum die Unter-
haltung einer trefflichen Seemacht und eines tapfern Söldnerheers möglich machte,
aber sie endigten doch mit dem Verluste der Besitzungen in den östlichen Theilen
des Mittelmeers. Zuerst rissen die Osmanen Cypern an sich; dann nach einem
25jahrigen verderblichen Krieg Can dia. Die peloponnesische Halbinsel (Mo -
r e a), welche die Republik im Frieden von K a r l o w i tz (§. 620.) mit Hülfe
der Oestreichec gewann, mußte sie im Passarowitzer Frieden (tz. 657.)
wieder an die Türken abtreten. Nur Korfu und Dalmatien wurden durch
die tapfere Vertheidigung Schulenburgs gerettet. Im Bewußtsein der innern
Schwache vermied von dem an der venetianische Senat feindlichen Zusammenstoß
mit fremden Machten, gönnte aber der bürgerlichen Freiheit keine Wohnstätte
und untergrub dadurch dem Lebensbaum des Volkes alle Wurzeln. — Genua
war vermöge seiner Lage nicht im Stande, ein so abgeschlossenes Sonderleben zu
führen als Venedig. Es mußte seine aristokratischen Formen mildern und von
Zeit zu Zeit die Verfassung umgestalten. Drei mächtige Nachbarn strebten nach
dem Besitze des schönen und reichen Freistaats: Savoyen, Oestreich und Frank-
reich und die Kampfe und Anstrengungen der Bürgerschaft, ihre Freiheit und Un-
abhängigkeit gegen deren Vergrößerungssucht zu schirmen, bilden den Inhalt der
Genuesischen Geschichte der zwei letzten Jahrhunderte. Die Insel Corsika, seit
dem 14. Jahrhundert unter Genua's Herrschaft, wurde von den hartherzigen
adeligen Kaufherrn schwer gedrückt. Da erhoben sich die wilden, kriegerischen Ein-