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1. Bd. 2 - S. 245

1854 - Leipzig : Engelmann
Das Zeitalter Ludwigs Xiv. 245 Saardam (Zaandam) unweit Amsterdam bei einem Zimmermann in Arbeit und verkehrte in England hauptsächlich mit den Schiffleuten auf den Werften. Die Werkstätten der Künstler und Handwerker, die Mühlen, Dämme, Maschinen und dergl. feffelten die Wißbegierde des jungen Regenten. In England wurde er so von Bewunderung für die Seemacht hingerissen, daß er ausrief: wäre ich nicht Zaar von Rußland, so möchte ich englischer Admiral sein! Als er das Land ver- ließ, um sich über Wien nach Venedig zu begeben, schickte er eine große Anzahl Seeleute, Wundärzte und Künstler in seine Heimath. Kaum aber war Peter nach Wien gelangt, so nöthigte ihn ein von den gegen die Neuerung und die Fremdlinge erbitterten Großen erregter Aufstand der Strelitzen zur schleu- ^98. nigen Rückkehr. Die Empörung wurde unterdrückt und die Schuldigen mit furcht- barer Härte gezüchtigt. Das Hängen, Rädern, Enthaupten dauerte mehrere Wo- chen lang; der Zaar legte selbst Hand an. Denn trotz seines Strebens, der euro- päischen Cultur in seinen Staaten Eingang zu verschaffen und trotz seiner euro- päischen Tracht, die er auch seinen Unterthanen gebot, blieb Peter doch in Sitten, Denkungsart und Herrscherweise ein Barbar, dem Branntweintrinken ergeben, roh in seinen Begierden und wüthend im Zorn. Dkeser Aufstand beför- derte seinen Plan, das russische Kriegswesen allmählich durch das europäische zu verdrängen. Er errichtete zwei Garden, schuf aus dem Adel eine Cavalerie und bildete aus den Rekruten, die ihm die Geistlichen und Edelleute liefern mußten, eine Infanterie. Fremde in russische Dienste getretene Offiziere übten die Truppen nach europäischer Weise ein und vervollkommneten seine Artillerie. So kam es, daß er bereits in dem oben erwähnten Türkenkrieg festen Fuß am Aso w sch en Meer fassen konnte, indem er durch den Earlowitzer Frieden (tz. 620.) 1699. der Pforte die mit Hülfe brandenburgischer, östreichischer und holländischer Heer- führer eroberte Stadt Asow abtrotzte und dann Taganrog anlegen ließ. Wie erstaunten die Türken, als plötzlich eine russische Fregatte in den Hafen von Con- stantinopel einlief! Der Schwedenkrieg öffnete den Russen bald auch die O stsee. §. 643. Polen. Als der kriegskundige König Johann Sobieski (§. 620.) nach vergeblichen Mühen, das polnische Staatswesen zu ordnen und den Trotz des Adels zu bändigen, von häuslichen Leiden niedergebeugt kummervoll ins Grab gestiegen war, erhob sich ein neuer Wahlkampf zwischen den Anhängern 16!,ß- eines französischen Thronbewerbers und der Partei des Kurfürsten Friedrich August von Sachsen. Der letztere trug den Sieg davon, weil die durch den Verkauf deutscher Aemter und Städte erlangten Geldmittel des sächsischen Be- werbers weiter reichten. Friedrich August, ein durch seine Körperstärke, wie2g , durch seine Galanterie und Prachtliebe bekannter Fürst, wurde zum König von' roo?. Polen ausgerufen, nachdem er vorher zum Jubel des römischen Hofes in den Schooß der katholischen Kirche übergetreten und den machtlosen Thron durch Verzichtung auf seine große protestantische Stellung in Deutschland und auf die Liebe und das Vertrauen eines treuen Volkes erkauft hatte. Der polnische Adel, der allein Staatsbürgerrechte besaß, indeß der Bauer in harter Leibeigenschaft schmachtete und der Bür^erstand sich nicht aus seiner untergeord- neten Stellung emporzuarbeiten vermochte, benutzte jeden Wahlkampf zur Erwei- terung seiner Corporationsrechte und zur Minderung der Königsgewalt durch be- schränkende Capitulalionen (pacta convente,), bis der Staat die Form einer demokratischen Adelsrepublik erhielt, in welcher das gewählte Oberhaupt nicht viel mehr als der Vollstrecker der Reichstagsbeschlüsse war. Parteileidenschaften, Conföderationen, stürmische Berathungen, die den polnischen Reichstag sprich-
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