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1. Bd. 2 - S. 258

1854 - Leipzig : Engelmann
258 Erste Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts. als sich Kaiser Leopold geneigt zeigte, ihm gegen die Zusicherung kräftiger 1700. Unterstützung im spanischen Erbfolgekriege den Titel eines Königs von 1701. P reu ß en zu verleihen. Nach feierlicher Krönung in Königsberg, wobei der Kurfürst sich selbst und seiner Gemahlin, der geistreichen Sophiecharlotte, die Krone aufsetzte und nach einer Reihe prunkvoller Feste (Stiftung des schwar- zen Adlerordens) hielt der neue König Friedrich I. einen glanzenden Einzug in Berlin, das er durch Bauten (Schloß, Zeughaus, lange Brücke, Kirchen), Kunstdenkmale (die metallene Reiterstatue Friedrich Wilhelms) und Anlagen zur würdigen Residenz eines Königs zu machen suchte. Wissenschaften und Künste fanden Aufmunterung. In dem Lustschloß Cha r l o tten bürg, wo die als Leibnitzens (Anh. §. 53.) Gönnerin bekannte Königin in Anmuth waltete, war stets ein Kreis geistreicher und ausgezeichneter Personen versammelt; in Berlin trat die So cietat der Wissensch a sten und die Akad emi e der Künste ins Leben; in Halle erhob sich eine blühende, durch edle Geistesfrei- heit ausgezeichnete Universität, wo Männer wie Thomasius, Herm. Franke (Stifter des Waisenhauses), Christ. Wolf u. A. wirkten und der Freiherr von Canstein die Bibeldruckerei gründete. — Dieser Aufwand, ver- bunden mit der Unterhaltung einer beträchtlichen Kriegsmacht in des Kaisers Diensten, drückten hart auf das arme Land; schwere Steuern lasteten auf dem Bürger- und Bauernstand, gewissenlose Beamte mißbrauchten die Freigebigkeit des Hofes; der neue Glanz des Herrscherhauses schien dem Staate unheilvoll zu werden; da folgte zum Glück dem verschwenderischen Friedrich I. der sparsame, Friedrich ja geizige Friedrich Wilhelm!., in Allem das Gegenbild seines Vorgan- ' i. gers. Die Juwelen und kostbaren Gerathschaften, die der Vater mühsam erwor- 1713-40.5en, verkaufte der Sohn und bezahlte mit dem Erlös die Schulden; alles was an Luxus grenzte, wurde vom Hofe verbannt, die Dienerschaft aufs Nothwen- digste beschrankt, jeder überflüssige Aufwand vermieden. Die Lebensweise des Königs und seines Hofes war bürgerlich; die Mahlzeiten bestanden aus Haus- mannskost, die Königin und ihre Töchter mußten sich mit häuslicher Arbeit be- fassen. Kleidung und Hausgerath waren einfach. An die Stelle der geistreichen Cirkel, die Friedrich I. und seine Gemahlin um sich versammelt, trat das Ta- bakscollegium, worin Friedrich Wilhelm und seine „guten Freunde" auf Kosten einiger Einfältigen oder Gutwilligen unfeine Scherze treiben und jeder eine Tabakspfeife im Munde haben mußte; die Opernsänger und Schauspieler wurden verabschiedet; Dichter, Künstler und Gelehrte verloren ihre Gehalte ganz oder theilweise; Wolf, dessen Philosophie den Rechtgläubigen und Frommen anstößig war, erhielt den Befehl, „bei Strafe des Stranges" innerhalb 24 Stun- den H a lle zu verlassen. Aber so sehr man des Königs Harte, Geiz und Haus- tyrannei tadeln und an seiner Derbheit, seinem barschen Wesen, seiner Verach- tung aller Bildung, Gelehrsamkeit und feiner Sitten Anstoß nehmen mag, doch muß man zugestchen, daß seine kräftige Natur, seine gesunde Einsicht und sein sparsamer Haushalt dem jungen Staat Halt und Festigkeit verliehen. Um den Bürger- und Bauernstand emporzubringen, hob er die drückendsten Abgaben aus und ordnete das Steuerwesen auf eine billigere Art; die adeligen Lehngüter verwan- delte er in Erbgüter und legte ihnen statt der bisher gelieferten Kriegspferde eine feste Steuer aus; er vergrößerte B er l in, hobpotsdam zu einer beträchtlichen Stadt und ließ abgebrannte und heruntergekommene Orte neu aufbauen; er begünstigte Manufak- turen und Gewerbthätigkeit und verbot, um die Landesindustrie zu heben, die Einfuhr fremder Fabrikate, verletzte aber freilich dabei so sehr die persönliche Freiheit der Unter- thanen, daß er den Frauen auf der Straße ihre aus fremdem Baumwollenzeug verfertigten
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