1. Bd. 2
- S. 264
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Erste Hälfte vcs achtzehnten Jahrhunderts.
Die Verfassung der Herrnhuter Kirchcngemeinde ist den ersten Christengemeinden nach-
gebildet. Aelteste, Bischöfe und Diakonen bilden die Vorsteher der Gemeinde, die
aus mehreren (nach Alter, Geschlecht und ehelichem Stande getrennten) Chören besteht.
Jeder Chor hat einen eigenen Chorherrn zur Leitung der Seelsorge und Andachtsübungen.
Die ganze Brüder-Unität wird durch die von der Generalsynode ernannten und alle
i — 10 Jahre ergänzten Aeltesten-Conserenz verwaltet. — Die Kirchenzucht
wird strenge gehandhabt. Unsittliche werden zuerst durch ernste Vermahnungen zur Besse-
rung aufgefordert; bleiben diese wirkungslos, so erfolgt Ausschließung vom Abendmahl
und endlich Ausstoßung aus dem Gemeindeverband. Strenge, auf häufiger Andachtsübung
und Communion beruhende Kirchlichkeit, verbunden mit Arbeitsamkeit, Reinlichkeit und
Fernhaltung weltlicher Mode- und Spielsucht und Lustbarkeit sind die Mittel zur Bewah-
rung des kirchlichen Sinnes und eines sittlichen Wandels. Die Geschlechter werden getrennt
gehalten und die Ehen nur mit Bewilligung der Aeltesten geschlossen. Handel, Gewerb-
fleiß und Sparsamkeit erzeugen Wohlstand. Eine unter der Leitung der Aeltestenconserenz
stehende Gemeindecasse dient zur Unterstützung der Missionen und zur Beförderung der
Unitätsinteressen. — Für Erziehung der Jugend zu frommen, sittlichen und thätigen Men-
schen ist die Brüdergemeinde mehr bedacht als für wissenschaftliche Ausbildung.
Metho- ähnliche Erregung wie der deutsche Protestantismus durch die Pietisten
disten. und Herrnhuter, erfuhr die englische Kirche durch die Methodisten. Ursprüng-
lich ein Verein frommer Studenten, die sich zu Oxford um John Wesley
(ff 1791) sammelten, und wegen ihres „pedantisch heiligen Lebens" Methodisten
genannt wurden, erlangten sie durch ihre religiöse Tiefe, durch ihren sittlichen
Wandel und durch ihre Sorge für die Geringen im Volke in England und Ame-
rika bald eine großewirksamkeit. Neben Wesley war der eifrige Prediger Wh ite-
sield (ff 1770) Gründer und Träger des methodistischen Christenthums. Die
Methodisten schieden nicht aus der englischen Episcopal-Kirche aus, sondern suchten
vielmehr derselben ein „Sauerteig gegen Erstarrung" zu sein; nur wo ihnen die Lan-
deskirchen verschlossen wurden, predigten sie im Freien, oder erbauten sich eigene
Bethauser, Tabernakel genannt. Von den anglicanischen Geistlichen vielfach ver-
folgt, gründeten sie zuletzt einen eigenen Gemeindeverband mit strenger Kirchen-
zucht unter Synoden und Superintendenten. Die Verderbniß des natürlichen
Menschen, die Erlösung durch Christi Tod und die Buße und Wiedergeburt bil-
den die Grundlehren der Methodisten. Als Anfang eines neuen gottseligen Lebens
fordern sie eine „im Bewußtsein bemerkte, gern auch leiblich stürmisch verkündete
Zeit des Durchbruchs zur Gnade." Mit den Herrnhutern haben sie die Gliederung
der Gemeinde in Klassen und Unterabtheilungen gemein. In der Ansicht von der
Gnadenwahl trennten sie sich in calvinistische W hi tefi el d i an er und in armi-
nianische Wesleyaner (§. 531). Die Methodisten nahmen sich des armen
verwahrlosten Volkes an und brachten den Sclaven in Westindien und Amerika
den Trost des Evangeliums und die Hoffnung der Erlösung. „Wilberforce's hei-
liger Kampf für die Freiheit ist vom Methodismus ausgegangen."
^borg" Um dieselbe Zeit stiftete Emanuel von Swedenborg, ein vielseitiger,
^8— durch gründliche Schriften über Mechanik und Bergbaukunde ausgezeichneter Ge-
lehrter von Stockholm, die Kirche des neuen Jerusalem. Tiefes Forschen
nach den Geheimnissen der Natur, innere religiöse Kampfe und das Studium der
mystischen Schriften von Jakob Böhme (§. 552. a.) und andern Geistesver-
wandten führten ihn zum Glauben „des Umgangs mit Geistern gewürdigt zu sein,
zu denen er, wahrscheinlich in magnetischen Zustanden, bald in den Himmel, bald
in die Hölle verzückt wurde." Das dort im Geist Erschaute (Visionen) gab er der
Welt sinnreich kund, ehe er sich durch eine vom Herrn selbst ausgehende Offen-