1. Bd. 2
- S. 311
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Die Reformationsversuche der Regenten und Minister. 311
ererbte Land, ließ sich leicht bereden, Josephs Ansprüche auf Niederbayern,
die Oberpfalz und die Herrschaft Mindelheim in einem Vertrag (Convention)
als gültig anzuerkennen, um durch Abtretung dieser Landschaften Vortheile
für seine natürlichen Kinder zu erlangen. Friedrich Ii., besorgt übeu-Oest-
reichs Vergrößerung, suchte dieses Vorhaben zu Hintertreiben, indem er den
nächsten Erben, Herzog Karl von Zweibrücken, bewog, bei dem
Reichstage gegen die Convention zu protestiren, und als dies ohne Erfolg
blieb, ein Heer in Böhmen einrücken ließ, um mit gewaffneter Hand eine
Aeuderung des bestehenden Zustandes zu hindern. Dies führte den Bayeri-
schen Erbfolgekrieg herbei, wo im Felde nur wenig, desto mehr mit der^78-?s.
Feder gestritten wurde, indem sich beide Theile bemühten, durch gelehrte
juristische Abhandlungen ihr Recht zu beweisen. Da aber alle Staaten einen
allgemeinen Krieg scheuten, sogelanges der Vermittelung Rußlands und
Frankreichs, die Kaiserin Maria Theresia, die an der Neuerungssucht ihres
Sohnes kein Wohlgefallen hatte, zu dem Frieden von Teschen zu bewe-
gen, worin dem pfälzischen Hause Bayern, dem östreichischen das Inn -
viertel mit Braunau und dem preußischen die Erbfolge in den Mark-
grafschaften Ansbach und Bayreuth zugesichert ward. Nach dem Tode
Maria Theresia's machte der über diesen Ausgang ungehaltene Kaiser einen
zweiten Versuch, Bayern an sich zu bringen, indem er die östreichischen
Niederlande (Belgien) als burgundisches Königreich dagegen
austauschen wollte. Auch dazu ließ sich Karl Theodor bewegen. Aber
Friedrich Ii. suchte durch Stiftung des Fürstenbundes, der allmäh-
lich Hannover, Kursachsen, Kur-Mainz, Baden, Anhalt, Mecklenburg u. a. 1733.
umfaßte und dessen Zweck die Erhaltung des Reichs in seinem dermaligen
Zustande war, auch diesen Plan zu hintertreiben und dem Pfälzer Haus
abermals die Erbfolge in Bayern zu sichern. Der Fürstenbund hob in dem-
selben Grade die Macht und Bedeutung des preußischen Königs, wie er das
kaiserliche Ansehen vollends untergrub. So wurden die Bande, die das
deutsche Reich umschlossen, immer mehr gelockert. Jeder Fürst strebte nach
selbständiger, unbeschränkter Macht; jeder bildete einen kleinen Hof, wo in
Pracht und Verschwendung, in Sitten und Moden, in Sprache, Literatur
und Kunst der Hof in Versailles als Vorbild diente.
tz. 686. b) Oestreich. In Oestreich, wo keine Stande die kaiserliche
Macht beschränkten, konnte Joseph Ii. seine Reformen mit besserem Erfolge aus- Maria
führen, als in Deutschland. Maria Theresia hatte schon wahrend ihrer vierzig- Thercha
jährigen Regierung in Verbindung mit ihrem verständigen und aufgeklärten Mi- 1780.)
nister Kaunitz mancherlei Mißbräuche abgestellt und manche zeitgemäße Aende-
rung auf ruhigem Wege und mit Umsicht und Besonnenheit gegründet. Das
Heer - und Kriegswesen hatte eine gänzliche Umwandlung erfahren, das
Gerichtswesen war neu gestaltet worden und in die Finanzen hatte ihr
Gemahl, der sich auf Handel und Oekonomie vortrefflich verstand und mit kauf-
männischen Talenten besser ausgerüstet war, als mit diplomatischen oder kriege-