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1. Bd. 2 - S. 323

1854 - Leipzig : Engelmann
Rußland unter Katharina Ii. und Polens Theilung. 323 Rache an den katholischen Polen für alte an den Bekennern der griechischen Kirche begangene Frevel; weithin rauchte das Land und Tausende wurden erhängt, ermordet, in die Erde gegraben. Das polnische Reich war zerrissen, seine Ohnmacht lud zum Raube ein. Ländersucht führte Preußen und Oest- reich zur ungerechten und falschen Politik. Um Polen den Russen nicht allein als Beute zu überlassen, beschlossen jene Mächte, an dem Raube Theil zu nehmen. Nach einer mündlichen Besprechung Friedrichs Ii. mit Joseph Ii. (da die rechtlich gesinnte Maria Theresia dem Theilungsplan abhold war) und nach einem Besuch des Prinzen Heinrich von Preußen in Petersburg kam zwischen Rußland, Preußen und Oestreich ein Theilungsvertrag zu5‘ 1772.'^ Stande, in Folge dessen jeder dieser Staaten die an sein Gebiet grenzenden polnischen Länderstrecken an sich riß. Ein Manifest, worin die drei Mächte die Wiederherstellung und Erhaltung der Ruhe und Ordnung in Polen, der alten Verfassung und der Freiheit des Volkes als Zweck ihrer gemeinsamen Wirksamkeit darstellten, suchte dann durch Geltendmachung verjährter Rechte und Ansprüche zu beweisen, daß das von Düna, Dnepr und Drudsch eingcschlossene Land von 2000quadratmeilen und mit mehr als 1^-Millionen Einwohner den R ussen recht- lich zustehe, daß das p o l n i sch e P r e u ß e n sammt dem Netzdistrikt und den fruchtbaren Gegenden an der Weichsel (Elbing, Marienburg, Culm u. s. w.) von etwa 630 Quadrat- mcilen und mit mehr als-l00,000 Menschen den Preußen gehöre, und Ostgalizien und L o d o m irien, etwa 1300 Quadratmeilen reichbevölkertes, mit 300 Städten und Flecken geziertes Land, mit 2s/-Millionen Bewohnern und den unschätzbaren Salzbergwer- ken von Wiclicka ein Bestandtheil von Oestreich sei, und forderte alle Polen aus, Zwist und Täuschung bei Seite zu setzen und für jenen Zweck mit thätig zu sein. Mit Thränen nahm Maria Theresia die ihr zugetheilte Beute. König und Reichstag widersetzten sich; der letztere bewies, daß die ange- führten Rechte längst durch Verträge und Verzichtleistungen aufgegeben worden und daß ein solches Verfahren Treue und Glauben umstoße, und protestirte feierlich vor Gott und vor der Welt gegen den Mißbrauch der Uebermacht. Weder Drohungen noch Versprechungen waren vermögend, den Widerstand des Reichstags zu brechen; selbst die Mißhandlung der Widerspenstigen durch russische Einquartierungen blieben ohne Einfluß auf die Landboten, die bei dieser Gelegenheit einen edeln Patriotismus an den Tag legten. Erst die Drohung, daß bei längerm Widerstand ganz Polen getheilt würde, brachte den von russischen Waffen umringten Reichstag zur Einwilligung in die Landabtretung, zumal da seit dem Frieden von Kudschuck Kainardsche, den die Pforte nach den schweren Verlusten von Schiumla mit Rußland abschließen mußte, auch die Hoffnung auf türkischen Beistand vernichtet war. Der Rest des Polenreichs behielt seine verderbliche Wahlform, sein liberum Veto und alles Unheil des alten Zustandes; und die Errichtung des ohne Zuthun des Königs vom Adel gewählten und nach Katharinas und ihres Gesandten Weisungen handelnden immerwährenden Raths, der für die Vollziehung der Gesetze und für die Besetzung aller Staats - und Kirchen- ämter sorgen sollte, entriß dem König den letzten Rest von Herrschermacht. 21 *
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