1. Bd. 2
- S. 357
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Das republikanische Frankreich. 357
Aber die Armee der „Sanscülotten", bei welcher der junge Korse Napoleon
Bonaparte die ersten Proben seines Feldherrntalents ablegte, überwand
alle Hindernisse. Toulon wurde erstürmt. Die Engländer, außer Stande,
die Stadt zu halten, steckten die Flotte in Brand und überließen die un-
glücklichen Bewohner der entsetzlichen Rache des Convents. Hier ließ der
schreckliche Frvron alle wohlhabenden Bürger in Masse niederschießen und
ihre Habe den Sansculotten austheilen. Die ehrbaren Einwohner entflohen
und überließen die Stadt, deren Bevölkerung von 28,000 auf 7000 herab-
sank, dem Gesindel und den Galeerensklaven. — Nicht viel besser verfuhr
Tallien in Bordeaux; und im nördlichen Frankreich zog Lebon mit der
Guillotine von Ort zu Ort und häufte Gräuel aus Gräuel.
Napoleon Bo n ap arte (Buonaparte), Sohn eines korsischen Edelmannes, der sich
als Freund von P a o li in den Kriegen, die der Besitznahme der Insel durch die Franzosen
vorangingen (§. 638 b. 3.) ausgezeichnet hatte, wurde am 15. August 1769 zu Ajaccio '
geboren. Als zehnjähriger Knabe wurde er in der Kriegsschule zu Brienn e ausgenom-
men, wo er 5 Jahre verblieb (1779 — 1784) und dann in die Pariser Militärschule über-
ging. An beiden Orten widmete er sich besonders den mathematischen und geschichtlichen
Studien, an denen er auch in der Folge fortwährend das meiste Gefallen fand. Nach
seinem Eintritt in die französische Armee machte er sich als Artillerielieutenant im süd-
lichen Frankreich und auf der Insel Corsita durch Muth und militärisches Geschick bald
bemerklich, so daß er schon im Febr. 1792 zum Artilleriehauptmann befördert ward. Den
Revolutionsideen und den demokratischen Freiheitsbestrebungcn mit Eifer zugethan war
er den neuen Machthabern Frankreichs ein willkommener Gehülfe.
tz. 725. Die Blutscenen der Wende e. Am schrecklichsten war
das Schicksal der Wende e, jenes eigenthümlichen, von Gehölzen, Hecken
und Gebüschen überdeckten und von Gräben durchschnittenen Landes im
westlichen Frankreich. Hier lebte ein zufriedenes Volk in ländlicher Stille
und in der Einfalt alter Zeit. Die Bauern und Pächter hatten Anhänglich-
keit an ihre Gutsherren, die sie nicht drückten, sie liebten den König, von
dem sie nichts zu leiden hatten und hingen mit Verehrung an der Geistlich-
keit und den kirchlichen Gebräuchen, die ihnen von Jugend auf theuer und
heilig gewesen. Als nun die Nationalversammlung ihre unbeeidigten Priester
vertrieb und morden ließ, als der König auf der Guillotine blutete, als die
Bauernsöhne durch das allgemeine Aufgebot zur Wertheidigung des2^ gv&v.
Vaterlandes in die Armee einberufen wurden, da vereinigten sich alle Geister
des Zorns und der Rache in den Gemüthern der Vendeer Bauern und trie-
den sie zum Widerstand und zum Bürgerkrieg. Unter geschickten, kühnen,
durch den Krieg gebildeten Führern aus geringem Stande, wie Charette,
Stofflet und Cathelineau, denen sich einige Edelleute, wie La
Roche-Jaque lein, d'elboe u. A. beigesellten, schlugen sie anfangs
die von Santerre und andern Jakobinern befehligten republikanischen Heere
zurück, eroberten Saumür und bedrohten Nantes. Da schickte der Con-
vent die aus dem Auswurf des Volks bestehende Nevolutionsarmee