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1. Bd. 2 - S. 471

1854 - Leipzig : Engelmann
Die belgische Revolution und Polens Erhebung. 471 ryski, Niemcewicz und dem General Chlopicki) zusammengesetzte provi- sorische Regierung nahm einstweilen die Leitung der Dinge in die Hand. Da sie aber den langsamen Weg der Unterhandlung einschlugen statt den neu- erwachten Kriegsmuth und die frische Begeisterung der patriotischen Bürger und der feurigen Jugend zum stürmenden Angriff gegen das unvorbereitete und unge- rüstete Rußland zu gebrauchen, so nahm von vorn herein die Jnsurrection eine unglückliche Wendung. Kein Wunder, daß die meisten Glieder der provisorischen Regierung bald in den Verdacht des Verraths kamen und durch andere demokra- tisch gesinnte Patrioten, den Professor Lelewel an der Spitze, verdrängt wur- den. Chlopicki, ein bedächtiger, an methodische Kriegführung gewöhnter General, behielt die Leitung des Heerwesens und wurde auf Veranstaltung der Aristokraten, die in dem ungestümen Treiben der kriegslustigen Jugend und der republikanischen Clubs nur Unheil erblickten, zum Diktator ernannt. Wie konnte man hoffen mit dem gezogenen Schwert in der Hand von dem zürnenden Machthaber in Petersburg Gnade oder Zugeständnisse zu ertrotzen? und doch wiesen Chlopicki und seine aristokratischen Rathgeber den Vorschlag der Patrioten, durch Aufhebung der Leibeigenschaft das Volk an dem Nationalkampf zu bethei- ligen und die unter östreichischer, preußischer und russischer Obmacht stehenden Provinzen des ehemaligen Polenreichs zur Empörung auszurufen, entschieden ab und setzten ihr Vertrauen auf Frankreichs gleißnerische Zusagen und auf diploma- tische Unterhandlungen, durch die sie hofften, die polnische Revolution in den Augen der europäischen Mächte als eine legitime darzustellen und sich den Weg der Gnade bei dem Kaiser offen zu halten. Sie vergaßen die alte Lehre, daß wer das Schwert zum Aufruhr erhebt, die Scheide wegwerfen müsse. Spaltung und Mißtrauen hemmten alle Unternehmungen, indeß Kaiser Nicolaus Anstalten traf, ein Heer von 200,000 Mann unter Feldmarschall Diebitsch in Polen ein- rücken zu lassen. Der in Eile zusammengerufene Reichstag bestätigte die D icta- tur Ch lop i cki's, stellte ihm aber eine Aufsichtskommission zur Seite. Zwistigkeiten mit dieser bewogen jedoch den Dictator bald, alle seine Würden niederzulegen und als gemeiner Krieger in das Heer einzutreten. Bei der Wahl seines Nachfolgers als Befehlshaber des Heers waltete wieder aristokratischer Einfluß vor — sie siel auf den reichen, des Kriegs unkundigen Fürsten Radzi- vil; bei der Verwaltung besaß Fürst Adam Czartoryski das meiste Ansehen. Ein Neichstagsbeschluß sprack die Entthronung des Kaisers Nikolaus und des Hauses Romanow in Polen aus. Nach vollendeter Befreiung sollte eine constitutionelle Monarchie auf neuer Grundlage errichtet werden. So schnitt man einerseits jede Versöhnung ab und verwarf doch anderseits aus Eigennutz die Freig ebung der Bauern und die Erweckung eines Volks- kriegs, der allein Polen hätte retten können. Die Hoffnung, daß Frankreich sich des alten Bundesgenossen annehmen würde, erwies sich als eitel. Ludwig Philipp war mehr auf Befestigung seiner jungen Krone als auf Erwerbung von Kriegsruhm bedacht. •—- Im Felde bewahrte sich indessen die polnische Tapferkeit aufs Glänzendste. Trotz der Ueberlegenheit der russischen Srreitkrafte waren die Polen in den meisten Gefechten siegreich. Chlopicki und Skrzynecki fochten mit Heldenmuth, indeß Radzivil sich hinter Praga's Mauern barg. Um- sonst drang Diebitsch bis in die Nahe der polnischen Hauptstadt vor; die Schlacht bei Grochow, wo die Sensentrager das schönste Reiterregiment der Russen vernichteten, nöthigte ihn zu einem nachtheiligen Rückzug. Nun trat Skrzynecki an die Spitze des Heers. Aber so tapfer er auch im Felde war, so schadete er doch der polnischen Sache durch Unschlüssigkeit, Zögern und Unterhan- 2ñ. Jan. 1831. 19. u. 20. Februar 1831.
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