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1. Bd. 2 - S. 543

1854 - Leipzig : Engelmann
Frankreich. 543 wichtig macht, ist der dadurch bedingte Antheil an der Herrschaft des Mittel- meers und der Einfluß aus die Angelegenheiten des Orients. Es ist eine altüber- lieferte Politik aller französischen Regierungen, mit den mohammedanischen Staa- ten des Morgenlandes in gutem Vernehmen zu stehen und sich einen Einfluß auf die Gestaltung der dortigen Dinge zu bewahren; namentlich verlieren sie nie das seit Napoleons denkwürdiger Unternehmung (§. 737.) ihnen naher gerückte Ae- gypten aus den Augen. Sollte einst das morsche Reich der Pforte Zusammen- stürzen, so wünscht Frankreich auch seinen Antheil an der Beute zu haben, und was könnte ihm dann gelegener sein als das fruchtbare Nilland , das, mit Alge- rien verbunden und durch weitere Eroberungen vergrößert, ein Reich bilden würde, welches an Bedeutung mit dem englischen Ostindien wetteifern könnte? Dieser dunkle Plan mag der Beweggrund gewesen sein, daß Louis Philipp und seine Minister den hartherzigen, tyrannischen Pascha Mehemed Ali und besten kriegerischen Sohn Ibrahim so warm in ihre Freundschaft einschlossen. Mehemed Ali, ein Makedonier von geringer Abkunft, hatte sich nach einer wech- selvollen Jugend zum Pascha von Aegypten emporgeschwungen. Hier vernichtete er zuerst durch Hinterlist, Mord und Gewaltthat die Macht der Mammeluken und tödtete ihre Führer; dann begründete er mit Hülfe europäischer, namentlich französischer Rathgeber ein Regierungssystem, wobei abendländische Civilisation mit morgenländischem Despotismus in einer gräuelvollen Mischung gepaart war. Durch einen furchtbaren Steuerdruck und durch die Verfügung, daß alle Boden- erzeugniste zu einem festgesetzten Preis an ihn abgeliefert werden müßten und alle fremde Lebensbedürfnisse nur durch ihn bezogen werden dürften, brachte er die grundbesitzenden Bauern (Fellahs) zur Verzweiflung, so daß diese es vorzogen, ihr steuerbares Eigenthum dem Tyrannen zu übertragen und als dessen Tage- löhner und Sclaven es zu bebauen, wodurch fast ganz Aegypten in ein großes Herrengut (Domäne) des Pascha's umgeschaffen wurde. Nun führte er euro- päische Industrie ein, die ihn selbst immer reicher, das Volk dagegen immer armer machte, ließ das ganze Land mit Baumwolle anpflanzen, deren Handelsbetrieb ihm allein zustand und führte von europäischen Einrichtungen gerade diejenigen ein, die, wie die Polizei und das Conscr ip ti o n s system , das Volk in immer drückendere Fesseln schlugen, oder die, wie die Anfertigung eines neuen Gesetzbuches nach französischem Muster, die Gründung einer höhern Lehranstalt, einer Druckerei, einer Zeitung u. dgl. dem Staat den Anstrich eines civilisirten verleihen und das Ausland blenden sollten. Im Vertrauen auf seine bedeutende, nach französischem Muster eingerichtete und geübte Militär- und Seemacht ver- sagte er dem türkischen Sultan den schuldigen Tribut und dehnte sein Reich nach allen Seiten aus. Er unterwarf Nubien und Kordofan, wo er den Neger- handel auf die empörendste Weise betreiben ließ, und unterstützte seinen Sohn Ibrahim bei der Eroberung Syriens und Palästinas. Unbekümmert um die von der Pforte ausgesprochene Achtserklärung gegen Mehemed Ali unterwarf sich Ibrahim nach einem siegreichen Feldzug Syrien und willigte dann in einen von den europäischen Mächten vermittelten Frieden, wodurch ihm die Statthalter- schaft über das eroberte Land unter der Oberhoheit des Sultans übertragen wurde. Damit nicht zufrieden strebte Mehemed Ali nach einer von der Pforte unabhängi- gen Erbmonarchie, die Aegypten, Syrien, Kreta und andere eroberte Land- schaften umfassen sollte und verweigerte dem Sultan jeden Tribut. Darüber brach der Krieg von Neuem aus. Schon war das türkische Heer bei Nisibisissv- von Ibrahim Pascha aufs Haupt geschlagen und der verrätherische Kapudan Pascha mit der ganzen türkischen Flotte zu dem Feinde übergegangen; schon stellte
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