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1. Bd. 2 - S. 545

1854 - Leipzig : Engelmann
Die pyrenäische Halbinsel. 545 obwohl es sich vermöge seiner sinnlichen Natur und seiner romantisch-ritterlichen Neigungen und Gewohnheiten eher für eine tapfere, militärische Persönlichkeit, für einen kühnen Heerführer und Bandenhauptmann begeistert als für constitu- tionelle Staatsformen und parlamentarische Verhandlungen, und obwohl der mächtige Einfluß der Geistlichkeit und der Mönche auf das unwissende und aber- gläubische Volk einer freien politischen Entwicklung nicht förderlich ist, so fanden doch alle Formen des modernen Staatslebens, von der demokratischen Republik bis zum apostolischen Absolutismus in der pyrenaischen Halbinsel ihre Anhänger und Verfechter. Die untern Volksklaffen, namentlich die Land- und Berg- bewohner, die ohne alle Einsicht, Urtheil und politische Bildung ganz den Ein- gebungen der Geistlichen folgen, hielten an den alten hierarchischen und monarchi- schen Einrichtungen fest und dienten der Aristokratie und dem Klerus zur Erhal- tung und Beschützung der verfaulten und morschen Zustande der altspanischen apostolischen Königsmacht gegen die Reformbestrebungen der „Liberalen"; wah- rend der aufgeklärte Mittelstand in den Städten, die studirte und gebildete Klaffe und viele Offiziere der Armee den aus Frankreich überkommenen Ansichten huldig- ten, wornach das Königthum durch Betheiligung der Volksvertreter am Staats- leben und durch Verantwortlichkeit der Minister beschränkt erscheint. So lange Ferdinand Vii. regierte, blieb die Partei der constitutionell Gesinnten gefährdet und gedrückt, da der König den alten Groll gegen die Eortes und die Liberalen nie ablegte. Selbst die Julirevolulion, die die Hoffnung der Verfolgten mächtig hob, brachte in ihre Lage keine Aenderung. Zwar schaarten sich einige hundert Flüchtlinge um den aus England herbeigeeilten Mina und wagten einen bewaff- neten Einfall in Spanien, aber von Frankreich verlassen und von den königlichen Truppen in die Enge getrieben, scheiterte ihr Unternehmen und vermehrte Druck und Verfolgung. Einen noch kläglichem Ausgang nahm das Beginnen des Generals Torrijas, der mit einer kleinen Schaar Getreuer im südlichen Spanien einen Landungsversuch machte und die Fahne der Cortes-Verfassung aufpflanzte, und die gleichzeitige Verschwörung einiger alten Seesoldaten in Cadix zu demselben Zweck. Von einer überlegenen Truppenmacht überwältigt, büßte Torrijas und 54 seiner Gefährten das kühne Wagniß mit einem schmachvollen Tod. Erst als der heuchle- rische König ins Grab sank, brach für die Constitutionellen eine bessere Zeit an. §. 827. Kainpf der Christinos gegen die Karlisten. Einige Monate vor den Iulitagen hatte sich Ferdinand von seiner vierten Gemahlin, 29. März Marie Christine von Neapel, bewegen lassen, durch ein aus königlicher 1830, Machtvollkommenheit erlassenes Hausgesetz („pragmatische Sanction") das in allen bourbonischen Staaten eingeführte salische Gesetz, welches die Frauen von der Thronfolge ausschließt, aufzuheben und dadurch seiner in dem- selben Jahre geborenen Tochter Isabella die (nach a ltkasti lisch em Rechte zulässige) Thronfolge zu sichern. Diese Aenderung mißfiel der apostolischen Partei, die ihr ganzes Vertrauen auf Ferdinands jüngern Bruder Don Carlos ge- worfen hatte und von seiner muthmaßlichen Thronbesteigung goldne Tage für die Anhänger des monarchisch-hierarchischen Absolutismus erwartete. Sie bewog Don Carlos zu einer Protestation gegen jeden Akt, der ihn seines eventuellen Thronrechts berauben würde, und benutzte den Augenblick, als der König in einen Zustand körperlicher und geistiger Schwäche verfiel und sein baldiger Tod zu erwarten stand, um einen Widerruf der pragmatischen Sanction zu er- schleichen. Allein Ferdinand erholte sich wieder und empört über das treulose Spiel, das seine Vertrauten mit ihm getrieben, verbannte er seinen Bruder, berief dann die alten Cortes zusammen und ließ durch sie das neue Hausgesetz Weber, Geschichte. Ii. 6. Ausl. 35
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