1. Bd. 2
- S. 560
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
560
Okt.1831.
1832.
12. Juni
1834.
Die Zeit des französischen Bürgerkönigthums.
den Vorwurf der Parteilichkeit zu und beluden ihr System mit dem gehässigen
Schein der Rache und des Mißbrauchs der Gewalt zu persönlichen Zwecken. Der
von Oestreich und Preußen geleitete Bu n d e s t a g trat dem demokratischen
Geiste, der sein Organ hauptsächlich in den Landtagen hatte, immer scharfer
entgegen. Nachdem er die Einsendung von Adressen untersagt, erfolgten (beson-
ders auf Betreiben Preußens, das Fürst Metternich schlau vorzuschieben wußte, da-
mit es den öffenlichen Haß allein zu tragen hatte) die bekannten Bundestags-
beschlüsse vom 28. Juni und 5. Juli „zur Ausrechthaltung der gesetz-
lichen Ordnung und Ruhe."
Darin ist ausgesprochen, daß die gesammte Staatsgewalt in dem Fürsten vereinigt
sei; daß die Steuerv erweigcrun g der Stände einem Aufruhr gleich komme; daß
die Gesetzgebung der einzelnen Staaten dem Zweck des Bundes oder den Bundespflich-
ten nicht entgegen sein dürfe, folglich einzelne Landesgesetze vom Bunde cassirt werden
könnten; daß eine Bundes - Commission stete Aufsicht über die Verhandlungen der Land-
stände führen solle; daß die Auslegung der Bundesgesetze ausschließlich der Bundesver-
sammlung zustehc; daß auswärtige Zeitungen und Schriften unter 20 Bogen nur mit Er-
laubniß der Regierungen ausgegebcn werden dürften; daß politische Vereine, so wie alle
Abzeichen, Farben, Fahnen, verboten seien, Volksversammlungen und Volksfeste nur mit
höherer Genehmigung statt haben und die Universitäten wieder unter die frühere strenge
Aufsicht gestellt werden sollten und alle Bundesregierungen einander zu gegenseitigem
schnellem militärischen Beistand bei Unruhen verpflichtet seien. — Diese Reactionsbe-
schlüsse erhielten zwei Jahre später ihre Vervollständigung durch die geheime Minister-
Cvnferenz in Wien, worin die Bestimmungen der Bundesgesetze, daß die gesammte
Staatsgewalt den Fürsten inwohne und die Regierungen sich durch ständische Einsprüche
in ihrem Gange nicht stören lasten sollten, und die Kammern die Gültigkeit der Bundes-
beschlüsse keiner Berathung unterwerfen dürften, von Neuem anerkannt wurden, das
Steuerbewilligungsrecht der Stände eine solche Deutung erfuhr, daß es zu einem
Schein herabsank, die Beeidigung des Militärs auf die Verfassung untersagt ward und
den Regierungen der Grundsatz empfohlen wurde, daß Staatsbiener zu ihrem Eintritt in
die Kammer der obrigkeitlichen Erlaubniß bedürften. Dabei wurden Bestimmungen getrof-
fen, wie die Rede-, Lehr- und Preßfreiheit auf die sicherste und unanstößigste Weise be-
schränkt und die Ueberwachung der Universitäten in ihren Lehrern und Zöglingen zuverlässig
bewerkstelligt werden könne und endlich zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Re-
gierungen und Ständen ein vom Bundestag einseitig angeordnetcs Schiedsgericht
bestellt.
Durch diese Verfügung wurde das constitutionelle Wesen in den deutschen
Staaten vernichtet und herabgewürdigt. Die Minister führten ihr Amt fort, mochte
auch die Kammermehrheit sich gegen sie erklären; kam ein mißfälliger Antrag mit
einiger Aussicht aus Erfolg vor, so wurden die Kammern ausgelöst und vermittelst
Wahlbeherrschung, Urlaubsverweigerungen, Bestechung eine willfährigere gebil-
det. In Bayern dehnte man die Staatsdienereigenschaft auf Advocaten, Aerzte
und Magistratsbeamte aus, die daher nur mit höherer Erlaubniß ihre Reprasen-
tantenpflicht ausüben durften; in Kurhessen bestritt man den Standen die
Befugniß, aus dem Gesammtvolke zu wählen und verweigerte, wie auch zum
Theil in Bayern geschah, die Nachweisungen und Rechenschaftsablage der Staats-
ausgaben ; ja man ging so weit, daß man erklärte, ein Steuer b e w i l l i g u n g s -
recht begreife das Steuerverweigerungsrecht nicht in sich und erlaubte sich
unter Scheffer's Ministerium gegen die Standeversammlung ein Benehmen,
das sogar dem östreichischen Gesandten „das Blut in den Adern rollen machte."