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1. Bd. 2 - S. 568

1854 - Leipzig : Engelmann
568 Die Zeit des französischen Bürgerkönigthums. 24. Dec. 1825. riens Eisfeldern schmachten mußten, gelangte Kaiser Nico laus zum ruhigen Besitz des mächtigsten Thrones (§. 798). Mit derselben Entschlossenheit, Kraft und Energie, womit er der weitverzweigten Verschwörung Meister geworden, führte er seitdem die Zügel der Herrschaft nach Innen und Außen, gleich einem Imperator von altrömischer Kraft. Freilich sind noch immer die Völker und Zu- stande des russischen Weltreichs in kimmerische Nacht gehüllt und die Oeffentlich- keit, die im übrigen Europa die Ruhe des Beamtenstaats und das pairiarchalische Regiment der Fürsten so häufig stört, ist noch nicht in Rußlands Verwaltung, Rechtspflege, Militärwesen und Staatsleben gedrungen; allein die wenigen No- tizen, die neugierige Reisende oder unzufriedene Edelleute und Beamten über rus- sische Zustande der Welt mitgetheilt haben, lassen doch einen Blick thun in das Land, wo ein einziger Mann über Leben, Gut und Freiheit von Millionen unum- schränkt und mit eiserner Hand gebietet. Der Kaiser ist das Oberhaupt des Staats und der Kirche, die Quelle aller Macht und Gesetzgebung; die Eivil-, Justiz- und Militär-Beamten sind kaiserliche Diener, die nur die höhern Befehle vollziehen, sich aber für die Knechtschaft, in der sie dienen, durch grenzenlosen Betrug, Unter- schleifund Bestechlichkeit schadlos zu halten suchen. Der Adel ist im Besitze un- ermeßlicher Güter und Reichthümer, ist aber dem Kaiser gegenüber eben so recht- los, wie der leibeigene Bauer gegenüber dem Edelmann; ja es ist eine klugberech- nete Politik, den Adel durch die Furcht vor den Leibeigenen in Gehorsam und Unterwürfigkeit zu halten; deshalb dürfen alle Erleichterungen, die das Loos der Leideigenschaft nach und nach mildern, nur vom Thron ausgehen, damit sie als Ausfluß der kaiserlichen Gnade erscheinen und damit es nicht in der Macht eines Edelmanns stehe, sich durch Humanität oder Freigebigkeit die Liebe und Anhäng- lichkeit seiner leibeigenen Unterthanen zu erwerben. Denn auf der Furcht und dem Knechtgefühl beruht die absolute Herrschaft. Die Todesstrafe ist dem Namen nach abgeschafft, aber entehrende, unmenschliche, das Leben vernichtende Strafen sichern den kaiserlichen Befehlen (Ukasen) und Gesetzen Gehorsam; die Knute des Zucht- meisters und lebenslänglicher Soldatendienst halten jede Art von Widerspenstigkeit nieder. Dieser Soldatendienst, wozu der Leibeigene aufzwanzig und mehr Jahre aus- gehoben wird, ist ein die Zuchthausstrafe civilisirter Länder an Härte übertreffen- des Loos. Der Tag der Aushebung ist ein Tag der Thränen und des Kummers; denn der Soldat wird nicht blos auf immer den Angehörigen entrissen und in ferne Gegenden geschleppt, sondern auch die tägliche Nahrung und Löhnung wird ihm durch die Raubsucht der Vorgesetzten geschmälert und entzogen. — In die Lehmhütte des Leibeigenen dringt kaum ein Strahl von Civilisation und Ausklä- rung; in einem Zustand von Sclaverei, blindem Aberglauben und roher Sinnen- lust bringt er unter Schmutz und stumpfer Gewöhnung sein düsteres, freudenleeres Dasein hin. Die höhern Klassen des Volks haben sich den äußern Anstrich der Cultur angeeignet; die wahre Bildung ist aber dem größten Theile fremd geblie- den; ohne das erhebende Gefühl der Ehre und Menschenwürde betrachtet der vornehme Russe Befriedigung seiner Lüsternheit und Genußsucht als Ziel und Zweck des Lebens und sucht aus allen Stellen und Lagen Vortheil zu ziehen; ohne ideales Streben, ohne höhere Motive berücksichtigt er bei seinen Handlungen nur den eigenen Gewinn und die sinnliche Lust; kriechend vor dem Vornehmen, despotisch gegen den Untergeordneten. — Die russische Politik hat zum Zweck: ■ Einförmigkeit im Innern, Erweiterung der Macht und Herrschaft nach Außen. Um das erstere zu erreichen, suchte sie alle Stamm-, Sprach- und Religionsver- schiedenheit allmählich zu vernichten und russisches Wesen und griechische Religion allenthalben zu begründen. In Polen wurden seit dem organischen Statut alle
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