1. Bd. 2
- S. 590
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Die jüngsten Revolutionsstmme.
29. Mai. digte Linie von Eurtatone und öffnete sich den Weg nach Mantua, um die-
selbe Zeit als Karl Alberts Heer bei Goito und Peschiera seine erfolgreichen
Waffenthaten aussührte. Im Juni bemächtigte sich der Feldmarschall nach
einem blutigen Gefechte der Stadt Vicenza, während Karl Abert den in der
Kriegsgeschichte berühmten Ort Rivoli besetzte. Heiße Kämpfe von abwechseln-
dem Erfolge wurden hierauf in der Nähe der beiden Festungen durchgefochten,
und die Ufer des Flusses Mincio mit dem Blute vieler tapferer Streiter getränkt.
Die Italiener kämpften für Freiheit und Nationalität, die Oeftreicher für Herr-
schaft und Kriegsehre; aber jenen fehlte die Uebung und strenge Zucht, die den
gedienten Heeren der letztern zu Statten kamen, und während diese einem einzigen
willens- und thatkräftigen Führer gehorchten, herrschte bei den aus verschieden-
artigen Elementen zusammengesetzten Gegnern oft Zwietracht und getheilte Mei-
nung. Daher neigte sich das wankende Kriegsglück zuletzt auf die Seite der
Oestreicher. Am 25. Juli, an einem glühendheißen Sommertage erfocht Radetzky
bei Eustozza einen Sieg, der Oestreichs Waffenehre aufs Glänzendste herstellte.
In raschem Siegeslauf rückte sodann der greise Feldmarschall, die bei Goito
und Volta nochmals geschlagenen Feinde vor sich hertreibend, wieder in die
Lombardei ein und stand Anfangs August vor den Thoren Mailands. Nach
einem heftigen Kampfe, in welchem der König selbst in Gefahr schwebte, ergab
sich die Stadt vertragsweise, worauf am 6. August Radetzky wieder seinen Ein-
zug in Mailand hielt. Bedroht von der Volksmasse und als Verräther geschmäht
und verfolgt hatte Karl Albert tinter dem Dunkel der Nacht die Stadt verlassen,
froh, von Oestreichs Großmuth einen Waffenstillstand zu erhalten. Radetzky,
eben so mild und menschenfreundlich als tapfer und thatkräftig, schändete seinen
Sieg durch keine Grausamkeit. Die flüchtigen Mailänder, nicht mehr so vorlaut
in höhnenden Schmachreden gegen die „Deutschen", kehrten allmählich still und
gedemüthigt zurück. Garibaldi, einer der verwegensten Schaarenführer, zog
noch einige Zeit mit seiner verwilderten Bande umher, bis er von den Feinden
bedroht zuerst in der südlichen Schweiz eine Zufluchtsstätte suchte, dann aber in
dem aufgeregten Rom einen günstigen Boden für seine kriegerische Thätigkeit
fand. Damit war jedoch der sardinisch - östreichische Krieg noch nicht zu Ende.
Karl Albert, von dem Volke geschmäht, von den Radicalen, die das gemäßigt-
liberale Ministerium G i o b er t i verdrängt hatten und in der Kammer wie in
der Regierung das Uebergewicht besaßen, fortgerissen, von der republikanischen
Propaganda in seiner Herrschaft bedroht, von gekränktem Fürstenstolz bethört,
faßte in der Verzweiflung den Entschluß, das Kriegsglück abermals zu versuchen.
Als Gründe der erneuerten Kriegserklärung wurde der mangelhafte Vollzug der
m9s Bedingungen des Waffenstillstandes geltend gemacht. Im März drang ein
großes sardinisches Heer, bei dem sich viele polnische Anführer befanden (Ro-
20—21 Marino, Chrzanowski u. A.) über die lombardische Grenze, um die
März.' Oestreicher abermals aus Italien zu verdrängen. Aber ein viertägiger Feldzug
des alten Radetzky in dem durch Schlachten und kriegsgeschichtliche Ereignisse
berühmten Stromgebiet des Tessin, und die blutigen Siege der östreichischen
Armee bei Mortara und Novara über die ausgedehnten Truppenabtheilun-
gen der Feinde setzten den Unternehmungen ein schnelles Ziel und vereitelten die
Hoffnungen der italienischen Patrioten. Romarino, seit dem Falle seines
polnischen Vaterlandes als unsteter Abenteurer umhergetrieben, gerieth in Ver-
dacht der Verrätherei, weil er in sträflicher Fahrlässigkeit einen wichtigen Posten
zu besetzen unterlassen, und wurde kriegsrechtlich zum Tode verurtheilt und
erschossen. Karl Albert, an seinem Glücke verzweifelnd, entsagte der Krone zu