Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Bd. 2 - S. 613

1854 - Leipzig : Engelmann
Die deutschen Versassuugskämpfe. 613 Dieses Band fand ec in der Gemeinschaft der materiellen Interessen, und sein Antrag lautete daher: „Oestreich bleibt, in Berücksichtigung seiner staatsrechtlichen Verbindung mit nichtdeutschen Landern und Provinzen, mit dem übrigen Deutschland in dem „„beständigen und unauflöslichen Bunde."" Die organischen Bestimmungen für dieses Bundesverhaltniß, welche die veränderten Umstande nöthig machen, werden Inhalt einer besondern Bundes - Akte." Es lag also hier ein doppeltes Bundesverhaltniß vor, ein engerer deutscher Bundes- staat und eine östreichisch - deutsche Union mit gemeinsamen Handelsintereffen und mit Gründung eines gleichmäßigen Zollvereins. Die weiteren Discussionen über diese Lebensfrage der deutschen Versaffung wurden nach Gagerns Wunsch bis zur zweiten Lesung ausgesetzt, damit die Centralregierung Zeit gewinne für eine Anfrage an Oestreich, wie sich daffelbe in Bezug auf Deutschland zu ver- halten gedenke. Diese Anfrage aber unterblieb, weil der Leiter des Frankfurter Ministeriums, Schmerling, dem die Interessen seines östreichischen Vater- landes mehr am Herzen lagen als die gedeihliche Entwickelung des deutschen Bun- desstaats , dieses Verhältnis lieber noch einige Zeit in der Unbestimmtheit lasten wollte. Um Zeit zu gewinnen hüllte er daher die ganze Sache in den Schleier diplomatischer Zurückhaltung und rankevoller Politik, gab unbestimmte Antwor- ten und suchte Anträge und Interpellationen, die eine klare Auseinandersetzung bezweckten, unter allerlei Vorwanden und scheinbaren Beweggründen fern zu halten oder durch eine kluge Wendung scheitern zu machen. Dieses Verfahren setzte Schmerling auch dann noch fort, als das neue östreichische Ministerium Schwarzenberg am 27. November in seinem dem Reichstage von Kremsier vorgelegten und von diesem mit lautem Beifalle begrüßten Programme den Standpunkt bezeichnet hatte, den es in der deutschen Frage einzunehmen ge- dachte und der mit Gagerns Plan vereinbar schien. Darin ist nämlich ein „Zer- reißen der Monarchie" entschieden verworfen, und dagegen deutlich ausgesprochen, daß man die „natürliche Entwickelung des noch nicht vollendeten Umgestaltungs- prozestes" beider Staaten abwarten wolle und erst, „wenn das verjüngte Oest- reich und das verjüngte Deutschland zu neuen und festen Formen gelangt seien", würde es möglich sein, „ihre gegenseitigen Beziehungen staatlich zu bestimmen." Selbst nicht gehindert in der gesonderten Constituirung ihrer Gesammtmonarchie schien also die östreichische Regierung auch die Ausbildung eines deutschen Bun- desstaats nicht hindern zu wollen. Aber das deutsche Verfastungswerk konnte nicht zu Ende geführt werden, so lange das Verhältnis Oestreichs ungeordnet blieb, weil von dem Verbleiben oder Ausscheiden dieser Großmacht die Ober- hauptssrage bedingt war. Im erstem Fall konnte man nicht füglich eine einheit- liche Spitze ausstellen, sondern mußte einem Fürstendirectorium von Dreien den Vorzug geben; im letztem Falle schien es natürlich, daß das Oberhaupt des mächtigsten unter den rein deutschen Staaten an die Spitze des Bundesstaats trete. So wurde die östreichische Frage eine neue Scheidungslinie für die Partei- stellung im Frankfurter Parlament und je mehr die Versaffung ihrem Ende ent- gegenrückte, desto schroffer trat der mächtige Zwiespalt, der nationale und con- fessionelle Dualismus hervor. Die Verfechter eines Bundesstaats mit klaren con- stitutionellen Formen, worin geordnete Freiheit im Innern mit einer starken Executivgewalt nach Außen gepaart erscheine, suchten Deutschland von Oeftreichs Oberleitung und bestimmendem Einfluß zu befreien und mit Preußen, das mit seinem Gesammtgebiet dem deutschen Bunde beigetreten, enger zu verbinden, und zwar so, daß demselben nicht nur die „Hegemonie" zukame, sondern daß das deutsche und preußische Oberhaupt in Einer Person vereinigt wäre und die Stel-
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer