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1. Bd. 2 - S. 624

1854 - Leipzig : Engelmann
624 Die jüngsten Revolutionsstürme. einander gegenüberstanden. Daß eine solche Versammlung, worin die eine Hälfte bejahte, die andere verneinte, zu einer erfolgreichen, segenbringenden Wirksam- keit nicht geeignet war, leuchtete bald Jedermann ein. Bei den Verhandlungen über die Adreffe kam es zu stürmischen Auftritten, indem die Rechte die Auflösung der constituirenden Versammlung und die Octroyirung einer Verfastung billigte und als „rettende That" mit Dank anerkannt wissen wollte, die Linke darin nichts als Willkür, Ungerechtigkeit und Unheil sah und der eigenmächtig ertheil- ten Verfassung alle Rechtsgültigkeit versagte. Auch die Debatten über den Be- lagerungszustand waren lärmend und die „deutsche Frage" bot schon jetzt das Vorspiel des gewaltigen Widerstreits, der bald nachher durch die Beschlüsse der Paulskirche herbeigeführt ward und die zweite Kammer einer neuen Auflösung entgegenführte. §. 874. Di e Kaiserdeputation in Berlin. Es war am 3. April des Jahres 1849 als König Wilhelm Iv. im Rittersaale seines Schlosses zu Berlin die Deputation empfing, die ihm im Namen der deutschen Nationalver- sammlung die erbliche Würde eines Kaisers der Deutschen antrug, vorausgesetzt, daß er damit auch die Reichsverfassung, das Ergebniß so heftiger Kämpfe und Wehen, nach allen ihren Bestimmungen anzunehmen und zu befolgen entschlossen wäre. Es war ein großer geschichtlicher Moment, und die Träger der Botschaft erhöhten durch ihre Namen und durch ihre geistige Bedeutung die Größe des Auftrags. Ueber dreißig Mitglieder der Frankfurter Nationalversammlung, den würdigen und taktvollen Präsidenten S im son an der Spitze, waren die Üeber- bringer einer Gabe, die Deutschlands Einheit, Macht und Größe neu zu begrün- den versprach. Noch einmal richtete die deutsche Nation hoffende und theilney- mende Blicke auf die Versammlung der Paulskirche, die durch die Länge ihrer Berathungen bereits die Sympathien verscherzt hatte; die Reise der Botschafter war ein Triumphzug, ähnlich dem, der einst bei der Wahl des Reichsverwesers stattgefunden. Aber die Hoffnung der Patrioten, daß die Reichsverfassung die Revolution schließen und eine neue Zeit begründen würde, wurde vereitelt. Friedrich Wilhelm Iv. gab nach Anhörung der Rede des Präsidenten Simson eine unbestimmte Antwort, aus der man jedoch die Verneinung und Ablehnung heraushörte; eine Antwort, die um so mehr überraschte und ver- stimmte, als man aus einer Rede des Ministers Brandenburg in der ersten Kammer auf einen ganz andern Ausgang geschlossen hatte. Und wirklich soll der König bis zur entscheidenden Stunde nicht abgeneigt gewesen sein, aus Hin- gebung für die deutsche Einheit dem Rufe zu folgen, und vorbehaltlich der Zu- stimmung der übrigen Regierungen den Beschluß der Nationalversammlung anzu- nehmen; aber trotz der warmen Unterstützung, die dieser patriotische Aufschwung in der königlichen Umgebung gefunden, änderte Friedrich Wilhelm „in der zwölften Stunde" seine Ansicht und wieß eine Krone zurück, die nicht „von Got- tes Gnaden" kam, sondern ihren Ursprung in einer revolutionären Bewegung hatte. Die anfangs noch unbestimmte Ablehnung trat nur zu bald als gewiß hervor und die Minister gingen allmählich auf die Sinnesänderung ein. Die Deputation der Frankfurter Nationalversammlung, bekümmert über das Fehl- schlagen ihrer Hoffnungen, gekränkt durch unfreundliche Worte und im Innersten verletzt über die laue Aufnahme, die ihnen allenthalben zu Theil wurde, und wofür nur die wohlwollende Behandlung im Hause des Prinzen von Preußen einigen Ersatz gewährte, kehrte nach etlichen Tagen in die Mainstadt zurück, nach- dem sie noch in einer Zuschrift an den Minister von Brandenburg die Erklärung abgegeben, daß die unbedingte Anerkennung der Reichsverfassung mit der An-
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