1. Bd. 2
- S. 653
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Unterdrückung der Revolution.
653
diese Stadt mit Osen verband, wurde hinter ihnen abgebrannt, damit die in
Ofen verbleibende Besatzung vor unerwarteten Ueberfällen gesichert Ware. Noch
an demselben Vormittag zogen die Magyaren unter dem Jubel des Volks in die
freudetrunkene, festlich geschmückte Stadt ein. Zwei Tage nachher wurde das 25. April,
kaiserliche Belagerungsheer vor Komorn zum Rückzug genöthigt, nachdem es den
Ungarn gelungen war, noch eine zweite Brücke über die Donau zu schlagen, und
sich der Verschanzungen und eines großen Theils des Geschützes zu bemächtigen.
Aber der heftigste Kampf zog sich um Ofen zusammen. Als Görgey Anfangs 3.Mai.
Mai mit seinen tapfern, wohlgerüsteten Truppen auf den benachbarten Berg-
hohen sich zeigte, in der Absicht, auch das rechte Donauufer von den Feinden zu
befreien, da erkannte die kaiserliche Besatzung, daß ihr einziges Heil auf ihrer
Tapferkeit beruhe. Der Befehlshaber, General Hentzi, ein Schweizer, ließ
daher in aller Eile die in guten Stand gesetzten Festungswerke schließen, Schanzen
und Umpfahlungen errichten, Graben und Brüstungen aufführen und traf alle
Vorkehrungen zu einer hartnäckigen Vertheidigung. Umsonst! Durch ein furcht-
bares Bombardement, täglich wiederholt, durch unterirdische Minen und durch
häufige Angriffe vernichtete Görgey allmählich die Vertheidigungsanstalten, so daß,
als am 21. Mai durch das unaufhörliche Feuern mit glühenden Kugeln die Stadt
in Brand gcrieth und ein heftiger Wind die Flammen rasch von einem Ort zum
andern trug, ein während der Verwirrung mit aller Anstrengung unternommener
Sturm auch Ofen zu Fall brachte. Die Tapferkeit und Kriegswuth war auf bei-
den Seiten gleich; schrittweise wurde die Stadt erobert und vertheidigt; in Höfen
und Zimmern focht Mann gegen Mann; Leichen und Blut bedeckten weithin den
Boden. Hentzi, der bei Görgey's Ankunft ganze Quartiere der jenseitigen
Hauptstadt Pesth wegen Kundgebung magyarischer Sympathien in Brand ge-
schossen, fiel bei der Erstürmung. Die Ueberlebenden geriethen in Kriegsgefangen-
schaft. Die östreichischen Heere zogen sich nach Preßburg und an das äußerste Ende
der Insel Schütt zurück, um neue Verstärkungen abzuwarten. — Auch im Sü-
den behielten die Magyaren die Oberhand; die Schanzen von St. Thomas
fielen in ihre Gewalt, bis Pancsova trugen sie ihre siegreichen Waffen; die öst-
reichischen Truppen blieben auf fremdem Boden; auf drei Seiten standen die
Ungarn drohend an den Grenzen ihres befreiten Landes. — Voll stolzen Ver-
trauens über diese Erfolge hatte bereits der Reichstag in Debreczin die Unab-
hängigkeit Ungarns von Oestreich ausgesprochen, eine provisorische Re-"^nl.
gierung unter der Leitung Kossuth's als Gouverneurs bestellt und
somit die Brücke zu einer friedlichen Ausgleichung abgebrochen. Dieser ent-
scheidende Schritt zur Begründung einer magyarischen Republik erzeugte
die erste große Spaltung zwischen Kossuth und Görgey und schuf „den Geist
des Zerwürfnisses" in ihren eigenen Reihen. Letzterer, mit der Unabhängigkeits-
erklärung unzufrieden und von Neid erfüllt über die hohe Stellung des Gouver-
neurs, folgte von dem an den Eingebungen seines Ehrgeizes und seiner Herrsch-
sucht und nahm eine von der Regierung immer mehr unabhängige Haltung an.
Weder der Rang eines Oberbefehlshabers, der von Dembinski auf ihn
übertragen ward, noch die damit verbundene Würde eines Kriegsministers
waren vermögend, den ehrsüchtigen Feldherren mit Kossuth und der Landesregie-
rung zu versöhnen. In seinem militärischen Stolze verachtete er die Befehle der
Regierung, lehnte das ihm vom Reichstag zugetheilte Militärverdienstzeichen nebst
Rangerhöhung ab und handelte im Bewußtsein des überlegenen Talentes eigen-
mächtig und rücksichtslos.
h. 892. Hayn au und Pas kiew i tsch. In ihrerbedrärigniß wendete sich