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1. Bd. 2 - S. 15

1854 - Leipzig : Engelmann
Die ritterliche Mümedichtung 15 scheidenden Augenblick die Frage, die ihn in den Besitz der Gralsburg mit aller ihrer Herrlichkeit gesetzt hätte und muß nun durch schwere Prüfungen, durch Selbstentsagung und Läuterung seines Innern zu solcher Vollkommenheit emporstreben, daß er ob seines Seelenadels und seiner innern Reinheit das ver- scherzte Königthum wieder erwirbt. Durch die furchtbare Fluchbotin des Grals aus Artur's Ritterbund ausgestofien, verbringt er zuerst einige Jahre des Zweifels, des Zwiespalts mit sich selbst und der innern Verwilderung, bis er allen Weltstnn und Hochmuth ablegt und mit aller Kraft dem Himmlischen zu- strebt. Damit beginnt für ihn ein höheres, durch ein heiliges Streben geadeltes Leben, indessen Schilderung der Hauptwerth des Gedichts liegt. Parzival bringt den weltlichen Rittersinn und das sinnliche Treiben, dem er früher eben so gehuldigt, wie jetzt das Weltkind G aw ein, dessen Thaten Wolfram als Gegensatz gleichfalls in sein Gedicht einflicht, dem Seelenleben und der innern Beschaulichkeit zum Opfer. Er wird von dem einsiedlerischen Weisen Trevrizent über Gott, das Erlösungswerk und die menschliche Bestimmung belehrt, und gelangt endlich zu einer solchen geistigen Reinigung, daß er durch dieselbe Gralbotin für würdig erklärt wird, König der geheimnißvvllen Gralburg zu werden. — Die Ideen der geistl. Ritter- orden bilden die Grundlage dieses Gedichts, wie schon aus der Benennung Tempi eisen, die auf den Templer orden hindeutet, hervorgeht. Man könnte cs als einen zweiten, christl. Theil der Alerander- sage Lambrechts bezeichnen; denn wie dieses die weltlichen Thaten eines von sinnlichen Eindrücken ge- leiteten Helden darstellt, und da endigt, wo derselbe in sich geht und sich ändert, so schildert der Dichter des Parzival das Seelenleben eines von christl. Weihe berührten Helden, der durch Ueberwindung der Welt und ihrer Genüsse sich des Paradieses würdig macht. Das Paradies selbst beschreibt der Dichter Dante (§. 351.), dem es allein gegeben war, den Zustand der Weltlichkeit, Läuterung und S eligkeit in seiner „göttlichen Kvmödi e", Hölle, Fegefeuer u. Parad ies darzustellen. Außer dem Parzival besitzen wir von Wolfram von Eschenbach ein sehr schönes Bruchstück eines Heldengedichts Titurel (A. §. 22.) und ein gleichfalls unvollendetes (in der Folge von zwei mittelmäßigen Dichtern Ulrich v. Türheim und U. v. dem Tür- lein ergänztes) Ritterepos aus dem karlingschen Sagenkreis: Wilhelm von Oranse. Interessant ist bei diesem Dichter der Humor und die gutmüthige Satire, die er häufig anwendet und bisweilen gegen sich selbst kehrt. §. 20. Meister Gottfried von Straß bürg. Einen merkwürdigen Gegensatz zu Wolframs Parzival bildet Tristan und Isolde von Gottfried von Straß- burg. Wie uns der erstere den Ernst des Lebens vorsührt und in seinem Helden die sittliche Größe, die Charakterfestigkeit und den Adel der Gesinnungen und Bestrebungen preist, aber seinen gehaltvollen Inhalt nicht selten in mystisches Dunkel kleidet und durch seine gehobene, feierliche Sprache das Berständniß seines Gedichts erschwert, so schil- dert das Weltkind Gottfried den Leichtsinn, die Charakterschwäche, die Sündhaftig- keit und die irdischen Freuden und Genüsse eines von der Liebe beherrschten, dem Sinnentaumel fröhnenden Paars, aber in zierlicher, gefälliger Sprache, in klarer und schöner Darstellung und mit einer bewunderungswürdigen Wahrheit der Beobachtung. Meister Gottfried, wahrscheinlich von bürgerlicher Abkunft, spricht sich selbst mißbilligend über Wolsram's dunkle Manier und das träumerische Seelenleben seines Helden aus und theilt die Palme der Poesie dem Hartmann zu; aber wie sehr auch Gottfrieds Ge- dicht an Kunstfertigkeit und Vollendung der Form über dem Parzival steht — der sitt- liche Werth des Inhalts stellt das letztere dennoch höher. Inhalt: Nachdem die Liebe und der Tod von Tristan's Eltern geschildert, wird die Erziehung des Sohnes erzählt, wobei sich schon der Gegensatz gegen Parzival kund gibt. Tristan wird nämlich nicht in stiller Einsamkeit erzogen, sondern in der vornehmen Welt, lernt alle höfischen Künste und erwirbt stch die körperlichen und geistigen Eigenschaften, die einem feinen Ritter anstehen, aber selten einen großen Charakter bilden. Nachdem er erwachsen, erobert er sein Land wieder, besteht manche Abenteuer und kommt an den Hof seines Oheims Marke von Cornwallis, für den er die Werbung der schönen Isolde (Jsot) von Irland übernimmt, deren Vetter er früher im Kampf erschlagen, und die er selbst dann, als Spielmann verkleidet, in dermusikunterrichtet hatte. In Irland tödtettristan einen Drachen und bringt dann bei Jsold, die ihn erkennt und ihm anfangs feind ist, Marke's Werbung an ; diese geht auf den An- trag ein und begibt sich mit Tristan zu Schiffe, von der Mutter heimlich mit einem Liedestrunk für Marke versehen. Auf der Seereise trinken beide unbewußt von dem Zaubertrank und entbrennen nun in heißer, unlauterer Liebe zu einander, deren Wirkungen auf die Gefühle und Handlungen der Liebenden mit er- staunuugswürdigcr Seelcnkenntniß geschildert werden. Jsold wird Marke's Gattin, vermag aber nicht ihr
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