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1. Bd. 2 - S. 16

1854 - Leipzig : Engelmann
16 Altdeutsche Dichtung. Herz von Tristan, der in ihrer Nähe bleibt, abzuwenden, sondern nimmt zu List, Betrug, Lüge und Meineid ihre Zuflucht, um hinter Marke's Rücken ihr Liebesverhältniß mittristan fortzusetzen, bis der betrogene Gatte, der Isolden innig liebt, die Wahrheit ahnt und beide von stch stößt. Aber dadurch bewirkt er nur ihr Glück. In einem Walde finden sie eine Höhle, die sie zu ihrem Wohnorte wählen und nun ganz sich und ihrer Liebe leben, über der sie Alles, selbst die Nahrung vergessen, ein Zustand, der von dem Dichter mit bezaubernder Kunst, Zartheit und Lieblichkeit beschrieben ist. Marke, von Liebe gequält, sucht sic endlich wieder auf und aufs Neue durch Versicherungen von Isoldens Treue getäuscht, führt er beide an seinen Hof zurück, wo sie jedoch ihr früheres Verhältniß fortsetzen. Als Marke zuletzt nicht mehr hintergangcn werden kann, verläßt Tristan den Hof und lernt nach einiger Zeit eine andere Isolde kennen, welche allmählich die erstere aus seinem Herzen verdrängt, so sehr er es sich auch durch Selbst- täuschung zu verbergen sucht. Hier bricht das Gedicht ab, in dessen Natur es liegt, unvollendet zu bleiben, ob es gleich nach Gottfrieds Tod zwei Fortsetzer (Freiber g und Türheim) gefunden hat, welche die weitern Schicksale der Liebenden bis zu ihrem Tode erzählen. Marke, der jetzt erst die Ursache ihrer Liebe erfährt, läßt sie begraben und einen Rosenstrauch und eine Weinrebe auf ihr Grab pflanzen. Auch die neue Bearbeitung dieser alten Liebessage von Immermann blieb unbeendigt. Für die Erkcnntniß jener Zeit der Minne ist dieses in Form vollendete und im Ausmalen und Schildern der Zustände eines auf Sinnlichkeit gegründeten Seelen- und Gefühlslebens unerreichte Gedicht höchst wichtig. Seitdem ist die Geschlechtsliebe, wo nicht das Centrum, so doch ein „Stern" der Dichtung geblieben. Ii. Verfall der epischen Ritterdichtung. Z. Gottfrieds Schule. §. 21. In Go ttfried und Wolfram erreichte das Ritterepos seine höchste Stufe; und da in der nächsten Zeit keine neue Bahn eingeschlagen wurde, sondern die schon bekannten Stoffe eine nochmalige Bearbeitung, Erweiterung und Fortsetzung er- fuhren, so konnte sich die Dichtung nicht lange auf dem Höhepunkt erhalten, wenn gleich die hohe Vollendung beider noch eine Nachblüthe hcrvorbrachte« Die epischen Dichter des 13. Iahrh. nahmen größtcnthcils Gottfrieds Manier an, dessen heiterer Weltsinn, sinnliche Lüsternheit und leichte Moral, verbunden mit der Schönheit der Form und der Klarheit der Behandlung, der Zeit mehr zusagte als der feierliche Ernst des Par- zival. Je mehr in der Wirklichkeit der religiöse Rittersinn der Kreuzfahrer einem wil- den Raub- und Fehdcwesen wich, je mehr der Frauendienst von seiner ursprünglichen Unschuld und Reinheit sich entfernte und ins Gemeine und Frivole ausartete, desto mehr Gefallen fand man an den üppigen Schilderungen und dem leichtfertigen Tone, den Gottfried mit Talent und Takt angestimmt, den aber seine Nachahmer übertrieben. An Zierlichkeit und Glätte in der Form, an Reimfcrtigkeit und Sprachgewandtheit bleibt Gottfrieds Schule ausgezeichnet; aber das Festhalten bei den alten Stoffen und Sa- genkreisen (Al exa nd er sage von R u d. v o n H o henem s; tr o j an i sch er Krieg von Konrad von Würzb urg, ff 1287), die man nur durch Erweiterung und Aufhäufung alles Bekannten, durch Ausmalen einzelner Situationen und durch Verweilen beim Schlüpfrigen und Sentimentalen neu und interessant zu machen hoffte, beweist sowohl die Armuth der Dichter im Erfinden und Schaffen, als den Mangel sittlichen Ernstes und männlicher Charakterfestigkeit. Alles war auf Unterhaltung und Zeitvertreib abgesehen. — Neben der Innern Entartung des Ritterthums machte sich eine äußere Frömmigkeit be- merkbar, die sich in Werkheiligkeit und übertriebener Verehrung der Gottesmutter und der Heiligen kund gibt. Diese Richtung, die von der religiösen Weihe der Kreuzzüge weit entfernt ist, führt im 13. Iahrh. die Ritter auf die früher von den Geistlichen behandelten Legenden und Heiligengeschichten, wobei sic gleichfalls nur sammelnd, erwei- ternd und ergänzend zu Werke gingen, wenn gleich einigen dieser Rittcrlegendcn (z. B. dem „h e i l. G e or g" von Rein bot, c. 1250, dem „heil. Alexiu s" und der „g o l- d en en S ch m i e d e" K o n ra d s v on W ür zb u r g, einer Verherrlichung der „Himmels-
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