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1. Bd. 2 - S. 20

1854 - Leipzig : Engelmann
20 Altdeutsche Dichtung. sei und empfiehlt Reue und Besserung in Zeiten. „Ueberall treffen wir dieselbe kernige, durch und durch gesunde, aus dem edelsten Boden der deutschen Nation ausgewachsene Gesinnung, den echten volksmäßigen Ernst, der aus unbefangener Heiterkeit, und den echten, edlen volksthümlichen Scherz, der aus tiefernster Gesinnung hervorgeht." — Im Stricker, einem mittelmäßigen Dichter aus Oestreich, findet man schon das bürgerliche Element mit dem ritterlichen gepaart; denn während er in der „Frau en eh re" über den Verfall des Ritterthums, die Entartung des Minnedienstes und die Abnahme der Kunst und des Geschmacks klagt, enthält ein anderes Gedicht von ihm, „die Welt" (eine bunte Sammlung von Beispielen und Gleichnissen, die sich hauptsächlich um Ehe und Haus und die niedern Verhältnisse des Lebens bewegen), allerlei Schwänke, Fabeln, Erzählungen und Allegorien mit einer moralischen Nutzanwendung, im Geiste des Bürgerthums. *) Die deutschen Svrüchwörter enthalten hauptsächlich Klugheits - und Lebensregeln und gehen eben so auf Begründung der Mensch enkcnntniß aus, wie die griech. Sprüche auf S e l b st e r k e n n tu i ß und die hebräischen (Salomo's) auf moralische Belehrung. §. 25, B eispiele. Der Renner. Boner's Edelstein. Als im 14. Jahrh. dem entarteten, nur auf Raub - und Wegelagcrn bedachten Rirterthum das Stadtewcsen mit seinem frischen frohen Leben, seiner bürgerlichen Freiheit und seinem häuslichen Wohl- stand siegreich gegenübertrat, erlag auch bald die ritterliche Dichtung der bürgerlichen Lehrpocsie. An die Stelle der Klage über den Verfall des Ritterwesens und Minnedienstes tritt allmählich die heitere Lust des Volks, und der entarteten Rittcrpocsie lagert sich das Lehrgedicht, die Fabel und der Schwank gegenüber, und verdrängt jene mit der Zeit. Enthält des Strickers Welt noch Beziehungen zur Minne und zum Ritterthum, so ist dagegen im Nenner des Hugo von Trimberg (o. 130») und im Edelstein des Ulrich Boner (eines Berner Prcdigermbnchs, o. 1335) Belehrung und Besserung des Volks einziger Zweck. Hugo von Trimberg, Schulrektor zu Bamberg, eifert, gleich den Mysti- kern seiner Zeit (§, 357.), gegen die Verderbniß der Welt, aber nicht mehr, wie der Stricker und Freidank, in wehmüthiger Klage über das gesunkene Ritterthum, sondern in ernster Rüge wie ein strenger Sittenprediger, der alle Stände und Verhältnisse ins Auge saßt. Der Grund alles Verderbens liegt ihm in Hoffahrt, Habgier und Unmäßigkeit (Fraß), die er daher mit Ernst bei allen Ständen rügt. Besonders ist die bei allen Klassen herrschende Erwerbsucht, woraus Unzufriedenheit, Neid und andere Ucbcl entstehen , der Hauptgcgenstand seiner Angriffe. Praklische Belehrung der Laien durch Beispiele, Gleichnisse, Fabeln, Geschichten, Bilder und direkte Vermahnung ist der Zweck dieses moralischen Sammelwerks, das er Nenner nennt, „weil cs rennen soll durch die Lande" und das er selbst einem Pferde vergleicht, das mit seinem Reiter durchgegangen und nun nach eige- ner Wahl dahinrenne. Sein Sinn ist aufs Religiöse gerichtet. Wie die Mystiker weist er auf die Bibel als die Quelle und den Mittelpunkt aller Weisheit hin, eifert nicht nur gegen die Ritterromane als Lügenwerk, sondern findet auch in den Büchern der alten Heiden mancherlei Gift. Neben dem Renner war das gelesenste Buch der Edelstein des Ulrich Boner (Bonerius), eine Sammlung von Fabeln, Sprüchen und Erzählungen, die in einfacher klarer Sprache einen Schatz von gesunden Lebcnsregeln, von Welt- und Mcnschenkcnntniß enthalten. Der „Edelstein" war das erste deutsche Buch, das im Druck erschien (1461). Der ehrliche Fabeldichter, der seinen Stoff größtentheils dem Alterthum entlehnt, ist, wie Hugo, ein Feind der eitel» Gelehrsamkeit und züchtigt, wie er, den Uebermuth und die Gewaltlhat der Großen, die Erwerbsucht und den nur aufs Irdische gerichteten Sinn des Volks; doch sind die Lehren seiner Fabeln mehr allgemein gehalten. Diese didaktische Poesie, besonders unter der Form der B eispi e l e, dauert durchs 14, und 15. Jahrh. fort. Man benutzte allerlei im Volke vorhandene Stoffe, um mo- ralische Lehren und Nutzanwendungen daran zu knüpfen (so Konrad von Ammenhusen [ 1337] das Schachspiel in seinem Schach zabelbuch, und die unter dem Namen „Winsbeke" bekannte Unterweisung eines Vaters an seinen Sohn und das belehrende
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