Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Bd. 2 - S. 54

1854 - Leipzig : Engelmann
54 Deutschlands klassische Literatur. seines Hauptes gezählt seien. Er sah in jedem Ereigniß, in jedem Zufall die Hand Gottes, mit dem er sich in persönlichem Verkehr glaubte; er fühlte zu Christus eine persönliche Liebe. Dieser Glaube bewirkte, daß er unter allen Widerwärtigkeiten seine Sanftmuth, seine Menschenliebe und sein Gottvertrauen bewahrte. Seine Werke, namentlich seine Romane lmorgenthau; Florentin von Fahlendorn; Theobald der Schwärmer u. a.), die alle eine religiöse Tendenz haben und darum viel Schwärmerisches und Mystisches, viel Wunder- und Aberglauben enthalten, sind nicht ohne Poesie und tiefes Gefühl. — Gegen Oie verflachende Richtung Spaldings und der Rationalisten trat auch Herder auf; in den Provinzialblattern suchte er dem Christenthum seine Weihe und dem Predigtamte die Würde des alten Priester- und Prophetenthums zurückzugeben; da er aber das Christ- liche im Reinmcnschlichen (Humanität) aufgehen ließ, ein poetisches Urchristcnthum, fern von allem Dogmatismus, als ideale Religion hinstellte und einer Weltkirche mit mög- lichst einfachem Glaubensgrund das Wort redete, erfuhr er mancherlei Widersprüche und Anfechtungen. §. 62. Erziehungswesen. Kinder- und V olkssch riftcn. Die religiösen Bewegungen, die nur die obcrn Schichten der Gesellschaft berührten, hatten auf Kirche und Leben weniger Einfluß als die gleichzeitigen Reformen im Erziehungswesen auf 4/23— Schule und Haus. Joh. Bernhard Basedow aus Hamburg, ein unruhiger, wandelba- 1/ü0- rer, aber anregender Mann, der durch Rousseau's Emil von der Theologie aus das Gebiet der Pädagogik geführt wurde, gab den Anstoß zur Befreiung der Schule von der Herr- schaft der Geistlichkeit und der Kirche. Durch sein mit unerhörter Prahlerei und Wichtig- thuerei angekündigtes Elementar werk und durch seine unter dem Beistände des men- schenfreundlichen Fürsten von Dessau in dieser Stadt errichtete Musterschule und Lehrer- seminar (P h ilan thr op in u m) wurde er Reformator des Erziehungswesens. Zwar war der oberflächliche, zanksüchtige Basedow, der weder häuslichen Sinn noch Gemüth besaß und an einem regellosen, unsittlichen Leben, an Spiel, Tabak und Trunk Gefallen fand, nicht der geeignete Mann, der Anstalt Fortdauer, Halt und Gedeihen zu verleihen; aber sein auf R o u ssea u's philanthropischen Grundsätzen aufgebautes System , das auf Erleichterung des Unterrichts und aus Verbreitung von Kenntnissen und Bildung unter den niedern Volksklassen hinauslief, wurde von andern strebsamen Männern weiter geführt und brach sich überallhin Bahn. Die nach dem Dcssauer Philanthropin in der Schweiz und in verschiedenen Gegenden Deutschlands errichteten Anstalten führten eine gänzliche Pestalvzzi Umgestaltung des Schulwesens herbei, namentlich als der für Kindererziehung und Volks- 1746— bildung begeisterte Schweizer Joh. Heinr. Pestalozzi das von Basedow und seinen Schü- Lv/' lern Campe, Salzmann und Anderen Begonnene zum Ziel führte. Eine große Menge Kinderbücher und Volksschriften waren die nächste Folge dieser neuen Bestrebun- gen, doch hat keines der erstern den Ruf von Ca mp e's R o bi n son Cru so e und Ent- deckung von Amerika und keine der letzter» den Werth des gemüthlichcn Romans Lienhard und Gertrud von Pestalozzi erreicht. Basedow war Anfangs Theolog und schrieb im Sinuc der Rationalisten eine Reihe theologischer Schriften, die ihm aber weder Ruhm noch Gewinn in hohem Grade brachten. Da warf sich der thätigc Mann, dessen unruhige Natur sich schon aus seinem vielbewegten Leben kund gibt, auf das Erziehungswesen und traf in einer Anzahl p ä d a g o g i sch er S ch r i ft en so richtig die Stimmung und Gesinnung der von Sentimentalität und Hnmanitätsideen durchdrungenen Nation, dass die im Vertrauen auf die öffentliche Meinung unternommene Subscription auf sein Elementarwerk sich in Kurzem auf die hohe Summe von 15,000 Thalcrn belief. — Der gute Erfolg, den die Kinder- und V o l ks sch ri ste n bei der empfänglichen Nation hatten, bewirkte, daß Deutschland in Kurzem von einer Fluth matthcrziger Kin- derbücher zur Belehrung und Unterhaltung überschwemmt wurde. Camp e's zahlreiche Schriften und Reisebeschreibungen, mit eingestreuten läppischen Gesprächen und Bemer- kungen; Salzmann's wässerige und langweilige Bücher; der Kind er freu n d des
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer