1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
52 V. §. 6. Die Predigt Jsrael's vor seinen Nachbarn.
waren nur ganz kleine unbedeutende Völkerschaften, von denen die
heidnische Weltgeschichte so gut wie gar nichts weiß. Wie sollte sie
sich auch um solche unbedeutende Stämme kümmern, die sich durch
Nichts in der Welt berühmt gemacht, keine großen Reiche gegründet,
keine Erfindungen gemacht, keine staunenswerthen Werke hinterlassen
haben. Nur von den meereskundigen Phöniziern und von den reichen
Syrern, die später noch ein großes Reich gestiftet, ist in alten Ge-
schichten ausführlichere Rede; von den übrigen aber erfahren wir
eigentlich nur etwas aus der Bibel. Warum aber beschäftigt sich
die Bibel mit diesen kleinen und rühmlosen Völkern und redet mehr
von ihnen als von manchem mächtigen Reich? Da können wir
recht deutlich den Unterschied wahrnehmen zwischen heiliger Geschichte
und profaner Geschichte, zwischen Geschichte des Reiches Gottes und
Geschichte der Welt. Diese kleinen Völker haben den hohen Vorzug
gehabt, mit dem Volke Gottes in engster Berührung, in unmittel-
barem, jahrhundertelangem Verkehr zu stehen; deshalb geschieht ihrer
in dem Worte Gottes so vielfach Erwähnung. Zwischen großen
mächtigen Reichen wäre Israel bald genug zerdrückt worden. Um sich
zu seiner eigenthümlichen Bestimmung zu entwickeln, durfte es keine
anderen Nachbarn haben, als solche, die ihm an Macht und Volkszahl
ungefähr gleichkamen. So ist denn diesen kleinen Stämmen die
hohe Gnade zu Theil geworden, wie keinem andern Volk, daß sie die
Herrlichkeit deö Herrn in den Gesetzen und in der Geschichte Jsrael's
stets vor Augen hatten, als eine stets fortgehende gewaltige Predigt
wider die Nichtigkeit aller ihrer Götzen und die schändliche Unflätherei
ihres Götzendienstes. Gleichwie noch heut zu Tage alle die Ge-
nossen und Nachbarn der Gemeinde Christi hoch bevorzugt sind vor den
draußen wohnenden Heiden, weil sie das lautere Evangelium allewege
verkündigen hören, und die köstlichen Früchte des Geistes und die
Wunderwege des Herrn in seinem Reiche stets mit eignen Augen
schauen dürfen, so war es damals mit den Nachbarn Jsrael's. Es
lag nur an ihnen, solche gnadenreiche Predigt anzunehmen und sich
selber solcher Segnungen theilhaftig zu machen. Aber dort wie hier
kehrt immer die betrübende Erfahrung wieder, daß je näher und
eindringlicher die Predigt, desto leichter die Herzen der Welt sich von
ihr abwenden, ja sich feindlich ihr entgegensetzen.
Schon Moses rief aus, nachdem die Gesetzgebung vollendet war
(5 Mos. 4, 6): „Das wird eure Weisheit und Verstand sein bei allen
Völkern, wenn sie hören werden alle diese Gebote, daß sie müssen sagen:
und welche weise und verständige Leute sind das, und ein herrliches