1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
* Vii. §. L. Entstehung und früheste Erscheinung des asiatischen Weltreichs. 60
reiches allezeit hinderte, hatte in den weiten Gebieten zwischen dem
kaspischen Meer und dem persischen Busen sich von Alters her eine
Herrschermacht festgesetzt, welche eine große Anzahl verschiedener
Völker, Könige und Geschlechter unter ihrem Scepter vereinigte und
über ein buntscheckiges, aus vielen Sprachen und Nationen zusam-
mengestücktes Reich ihre Befehle und Einwirkungen ausgehen ließ.
Ein solches Reich nennen wir mit jetzt allgemein angenommenem
Namen ein Weltreich.
Das älteste Weltreich hatte seinen Mittelpunkt und Schwerpunkt
in den genannten Gegenden am Eufrat und Tigris, und die Städte
Ninive, Babylon, Susa waren nach einander die Sitze der jedesma-
ligen Herrscher. Denn die Gestalt, die Ausdehnung, das Herrscher-
volk und die Herrscherfamilie dieses Weltreichs wechselten oft, wie-
wohl Kern und Wesen im Ganzen dasselbe blieb. In späteren Jahr-
hunderten rückte dies Weltreich viel weiter nach Westen vor und
veränderte dadurch seinen Charakter, mischte sich mit dem occidenta-
lischen Wesen unter griechisch-macedonischer Herrschaft und verpflanzte
sich endlich ganz nach dem Occident hinein im römischen Reich. Von
diesen Wandlungen der heidnischen Weltmacht erhalten wir im Daniel
2 und 7 eine wunderbar großartige Darstellung. Aber das assyrische
Reich, als zur Zeit des Daniel schon vergangen, wird in jenen Ca-
piteln nicht mehr erwähnt. Es brauchte auch nicht erwähnt zu wer-
den, weil es ja in seinem ganzen innern Wesen noch mit dem ba-
bylonischen eins, und das babylonische nur eine Fortsetzung des assy-
rischen Weltreichs ist. Da aber, wo die Zahl aller auf einander
folgenden Weltmächte genau angegeben werden soll, wie Apok. 13
und 17, werden, statt der vier Weltmonarchieen bei Daniel, sieben
gezählt: eine Zahl, die nur dann herauskommt, wenn auch das assy-
rische als eine besondere Form des asiatischen Weltreichs anerkannt
wird.
Die früheste Entwicklungsgeschichte dieses uralten Weltreichs ist
eben so dunkel und unklar, wie die Urgeschichte des Gottesreichs
(Israel) klar und offenbar ist. Denn was aus dem sündlichen Boden
des gottentfremdeten Völkergewirres aufsteigt (die Schrift nennt es Völ-
kermeer), vermag nur das von Gott geschärfte und erleuchtete Auge eines
heiligen Sehers sofort in seiner Eigenthümlichkeit und Bedeutung
zu erkennen und in seiner Schilderung auf entsprechende Weise wieder-
zugeben. Wie kein unerleuchtetes Auge den leisen Anfang des Reiches
Gottes in der Ausführung Abraham's nach Canaan würde erkannt
oder auch nur geahnt haben, eben so wenig vermochte es die Anfangs-
punkte und Entwicklungsepochen des großen Weltreichs zu unterschei-