1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
X. §. 4. Athen und Sparta.
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der Wein- und Kornernte zu Ehrendes Dionysos und der Deineter
oftmalig zu Sitzen mogischer Sühnungsversuche oder ausgeklärter reli-
gions-philosophischer Systeme wurden.
8. 4. Athen und Sparta.
Obgleich die Griechen kein gemeinsames Haupt, also auch keine
Hauptstadt hatten und jede kleine Stadt Anspruch machte auf die
volle Selbständigkeit eines unabhängigen Staats, so traten doch all-
mälig einzelne bedeutendere Städte in den Vordergrund und mach-
ten die umliegenden kleineren Ortschaften von sich abhängig. Eine
Stadt aber gewann im Lauf der Jahrhunderte das Uebergewicht über
alle anderen und einen geistigen Vorrang, dem sich bewußt oder un-
bewußt alle anderen kleineren Staaten des Mittlern Griechenlands
unterordneten. Das war die Stadt Athen. Die politische Macht
ihrer Könige oder, nach Abschaffung der Könige, der Archonten und
Aristokraten, erstreckte sich zunächst nicht über das kleine Gebiet von
Attika hinaus, das inselartig sich in's Meer streckt und die ionischen
Bewohner fast mit Gewalt zur Beschäftigung mit dem Seewesen zu
drängen schien. Athen war und ward immer mehr der Hauptsitz der
griechischen Cultur und geistigen Entwicklung, die fruchtbare Mutter
der geistvollsten Philosophen, Redner, Schriftsteller, Dichter, der ge-
feiertsten Helden, Staatsmänner und Künstler. Das geistreiche, be-
wegliche, unternehmende Wesen der Griechenwelt, wie es vor allen
Dingen nach Freiheil und nach Schönheit ringt, prägt sich im athe-
nischen Volkscharakter in vollkommenster Weise aus.
Als Widerlage und Gegenbild des anmuthig leichten, spielenden
athenischen Wesens, welches gar zu leicht die Fülle der ihm inwoh-
nenden Kräfte im jugendlichen Eifer verbraucht hätte, hatte der Herr
aber noch eine andere Stadt und Staat großgezogen, die als im-
merwährende Nebenbuhlerin und neidische Aufpasserin die Athener
zwingen sollte, sich zusammenzunehmen und zu vertiefen und dem
Ernst des Lebens gehörig Rechnung zu tragen. Diese Stadt war
Sparta. Sie war von jenem andern griechischen Hauptstamm, den
rauheren Dorern, gegründet, hatte ihre Entstehung den Kriegsthaten
der von Norden her einbrechenden dorischen Schaaren zu danken und
hatte durch Waffengewalt ihre Herrschaft über Lakonien hinaus, über
Messenien, fast über den ganzen Peloponnes ausgedehnt. Auf den
ersten Anblick schienen die Spartaner sowohl der Bildung als dem
schönen Lebensgenuß völlig abgewandt. Sie zeigten sich als Ver-
ächter aller Künste und Wissenschaften, als roh und abgehärtet in
ihrem Hauswesen und in ihrer Lebensweise, und gegen jede geistige