1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Xii. §. 5. Schicksale Jerusalems unter ägyptischer Oberherrschaft. 159
überdeckte. Noch einmal begegnet uns unter den Hohenpriestern ein
als besonders heilig gerühmter Name, Simon der Gerechte (um 300
vor Chr.), der auch noch an der Feststellung des Kanons sich mit be-
theiligt haben soll. Aber welcher Art war seine Frömmigkeit? „Auf
drei Dingen, sagt er, beruht die Welt: auf dem Gesetz, auf dem Got-
tesdienst und auf der Uebung guter Werke." Und die Nachkommen
dieses Simon, die Enkel seines Sohnes Onias, stellen uns schon
das ganze sittliche Verderben vor Augen, welches unter der Decke
der gesetzlichen und äußerlichen Gerechtigkeit sich verbreitete. Diese
Menschen fingen nämlich an, durch allerlei Ränke und Bestechungen
sich die Pacht der königlichen Gefälle in Palästina zu sichern, und
benutzten diese Gelegenheit, durch Auspressung ihrer Volksgenossen reich
zu werden, in schamlosester Weis§; ja, sie geriethen darüber in Kampf
und Streit, der zu Blutvergießen und Brudermord führte, also daß die
heidnischen Beherrscher des Landes eingreifen mußten, um den Greueln
des Bruderkrieges unter dem hohenpriesterlichen Geschlecht ein Ende
zu machen.
§. 5. Schi cksale Jerusalems unter ägyptischer Ober-
herrschaft.
Die ersten hundert Jahre der griechischen Herrschaft waren für
Juda und Jerusalem ohne schwere Störungen in ziemlich dauerndem
Frieden unter den würdigen drei ersten ptolemäischen Fürsten ver-
flossen. Als ein kleiner Kirchenstaat mitten in dem heidnischen Welt-
reich konnte der jüdische Staat sich nicht selber schützen, noch nach
eignem Willen bewegen; seine Existenz hing menschlicherweise vor allen
Dingen von dem Wohlwollen der heidnischen Herrscher ab. Wodurch
anders aber konnte solches Wohlwollen erworben und erhalten wer-
den, als durch die Ehrenhaftigkeit und Treue des Volks, die Würde
und Weisheit der Schriftgelehrten und Obersten zu Jerusalem.
Wenn nun die Schriftgelehrten anfingen, verkehrte Wege einzuschla-
gen, wenn sie durch Buchstabenknechtschaft oder durch Freigeisterei
sich verächtlich machten, wenn Geiz, Ungerechtigkeit, Hader und Grau-
samkeit in dem Kirchenstaate zu Tage trat, so ließ sich bald voraus-
sehen, daß es mit der Gunst und zarten Aufmerksamkeit, die Israel
bis dahin von den Mächtigen genoß, schnell zu Ende sein werde.
Und sollte wohl Gott der Herr sein Volk noch länger heben und em-
portragen vor den Augen der Heiden, wie er es jetzt ein paar Jahrhun-
derte hindurch vor den Persern und Griechen gethan, wenn das Volk ihn
selbst, die Quelle aller Heiligkeit und aller Gnaden, verließ und
wieder anhub, seine eignen Wege zu gehen? Vielmehr er lenkte als-
bald die Kriege der Könige von Syrien und von Aegypten in der
Weise, daß Juda und Jerusalem auf lange Zeit ein Zankapfel der