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1. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 174

1859 - Lübeck : Rohden
174 Xiii. §. 4. Neu hinzukvmmende Bestandtheile und deren Einordnung rc. verliehen, und nur durch gottlose Verletzung alles Heiligen gebrochen werden konnten. Das Verdienst, die verschiedenen Bestandtheile des römischen Volks durch den festen Kitt einer sorgfältig abgemessenen gemeinsamen Cul- tusordnung stärker als bisher mit einander verbunden und in gewissem Maße zu einem geordneten Ganzen gemacht zu haben, wird dem Nach- folger desromulus zugeschrieben, dem Sabiner Numa Pompilius, der eine vierzigjährige weise und friedliche Regierung geführt haben soll. Er hatte vor allen Dingen sich selbst mit einem geheimnißvollen Heiligenschein zu umgeben gewußt, indem er mit einer Gottheit in en- gem und vertraulichem Verkehr zu stehen vorgab. So fanden die von ihm geschriebenen Ritualbücher und die von ihm zur allgemeinen Ver- ehrung aufgestellten Gottheiten, sammt den von ihm eingesetzten Prie- stercollegien willige Aufnahme, und das Beispiel seiner eignen gewissen- haften und gottesfürchtigen Haltung wirkte vielleicht noch mehr als seine Anordnungen. Er stellte aber neben den Gottheiten, welche jede Tribus, jede Curie, jede Gens für sich allein verehrten, insonderheit drei allgemeine Hauptgottheiten auf, den Jupiter, den Mars und Quirinus, deren Verehrung ein besonderes Priestercollegium in Obacht nahm. Neben diesen stand noch als der Gott alles Anfangs der doppelköpfige Janus, dessen Tempel oder Thorhalle geöffnet blieb, so lange der Krieg dauerte. Weil aber dies eroberungssüchtige Volk nicht ohne Krieg leben konnte, so stand er beständig offen, drei ganz kurze Zeiträume ausgenommen, von denen der erste in die Regierung des Numa Pompilius selber fiel. Ein nicht minder wichtiger Ver- einigungspunkt für alle römischen Stämme war der Dienst der Vesta, der Göttin des heimischen Heerdfeuers und Hüterin der Reichskleino- dien. Für sie ward das Collegium der vestalischen Priesterinnen ge- stiftet, der heiligen Jungfrauen, die bei schwerer Strafe das heilige Feuer beständig brennend erhalten mußten. Am wichtigsten aber war das Collegimn der Augurn, der Zeichendeuter, welche aus dem Vo- gelflug, aus den Himmelserscheinungen, aus den Eingeweiden der Opferthiere, aus der Freßgier der Hühner und tausend kleinen Dingen den Willen der Götter erkannten und bestimmten. Diese Männer hiel- ten den Staat wie den Einzelnen mit tausend ehernen Banden des Aberglaubens gefesselt. Was immer gethan werden mochte, in Krieg und Frieden, zu Hause oder draußen, das mußte erst durch gute Vorbe- deutungen als den Göttern wohlgefällig erkannt sein. Ein verkehrter Tritt, ein Straucheln, ein plötzlicher Ruf, eine unwillkommene Ant- wort, ein begegnendes Thier, kurz eine Zufälligkeit, ein Nichts, das als unglückweissagendes Omen galt, setzte die eiserne Römerseele in Schrecken und hielt sie zurück von den wichtigsten und folgenreichsten Unternehmungen. Das war das Gängelband, an welchem der Ein- zelne und das ganze Volk sich leiten ließ, und kluge Leiter wußten es trefflich zum Zusammenhalt des Ganzen zu gebrauchen.
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