1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
264 xvn. §. 1. Erstes Zusammentreffen der Germanen mit den Römern.
Richtung auf äußerliche Formen und Werke von den erleuchteten Got-
tesmännern gemißbilligt wurde, so galt doch solche äußere Uebung (As-
kese) vielen wahrhaft frommen Seelen als ein wirksames Mittel zur
Abtödtung des Fleisches und zur Trennung von der Gemeinschaft der
unreinen Welt. Auch der ganze Stufengang der Priesterschaft
vom untersten Thürsteher und Vorleser bis zum obersten Bischof, Me-
tropolitan und Patriarch hinauf ward schon damals festgestellt; ja schon
schimmerte die Absicht des römischen Bischofs klar hervor, stch den
Vorrang selbst vor den hochangesehenen Patriarchen von Konstantino-
pel und Alexandrien zu gewinnen, auf daß die gesammte Christenheit
nicht bloß unter dem einen unsichtbaren Haupt Jesus Christus, sondern
auch unter dem sichtbaren Haupt, dem Bischof von Rom oder Papst
als eine wohlgegliederte Einheit verbunden sei. Schon längst war die
Geistlichkeit als ein höherer Stand von den Ungeistlichen oder Laien
streng geschieden, hatte besondere Gerechtsame und besondere Gerichts-
barkeit, hatte große Reichthümer durch die regelmäßigen Zehntenab-
gaben der Laien, durch Geschenke und Vermächtnisse zusammengebracht
und gebot über zahlreiche Mittel und Kräfte, um die Kirche inmitten
der immer schwankender werdenden Zustände des römischen Weltreichs
nicht bloß als eine ehrfurchtgebietende, sondern auch als eine einfluß-
reiche Macht erscheinen zu lassen. Dies alles aber, so viel Verkehrtes
und Sündliches darunter war, so groß die Abweichung von der ursprüng-
lichen Reinheit und Einfachheit der apostolischen Gemeinden bereits ge-
worden war, so nahe die Gefahr immer weiter greifender Verwelt-
lichung und Veräußerlichung der Kirche lag, muffte doch wiederum,
wie alle Verkehrtheit der Menschen, in der Hand Gottes ein Mittel
werden, seine große Reichsabstchten desto vollkommener zu erreichen.
Mitten unter den schon beginnenden Stürmen der Völkerwanderung
und der Zertheilung des Römerreichs, zu deren Betrachtung wir jetzt
übergehen, konnte nur eine äußerlich geeinigte, mächtige, reiche, wohlge-
gliederte und wohlgeleitete Kirche den größten und weithingreifenden
gesegneten Einfluß ausüben, mit welchem sie jetzt den rohen Völkern
der heidnischen Germanen und Sarmaten gegenüber und unter sie
hineintrat.
Xvii. Einbruch der Germanen in das Weltreich und in
die Kirche bis zur Zertrümmerung des westlichen
Römerreichs.
Motto: Die dürren Reiser werden zerbrochen und frische
Zweige eingepflanzt.
»Unter das römische Eisen wird der bildsame
Thon gemengt.«
§. 1. Erstes Zusammentreffen der Germanen mit den
Römern.
Unsere Geschichte wendet sich jetzt von dem bisherigen Schau-
platz der Kampfe zwischen Weltreich und Kirche, und geht mit freudi-