1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
3-18 Xix. §. 13. Ludwig der Fromme (814—840) und Anschar.
Es ist nur noch ein Mann aus der Weltgeschichte bekannt, dem
Gott der Herr eine ähnliche Ausgabe gestellt hatte, wie Karl dem
Großen, und der sie mit gleichem Erfolge löste. Das ist, wie wir auch
früher schon darauf aufmerksam gemacht haben, Alexander der Große
(vgl. S. 140 ff.). Viele andere ausgezeichnete und ruhmvolle Männer hat
es gegeben und große Thaten haben sie gethan, sei es auf dem Gebiet
der Staatskunst oder der Wissenschaft, mit der Feder oder mit dem'
Schwert. Aber so tief in das Völkerleben eingegriffen, so der ganzen
Zeit ein neues Gepräge aufgedrückt, so der geschichtlichen Entwicklung der
Menschheit eine neue und entschiedene Richtung gegeben, so selbstbewußt
und klaren Auges ein bestimmtes, neues, großes Ziel verfolgt und er-
reicht haben nur diese beiden Männer Alexander und Karl. Was
keinem Zeitgenossen oder Vorgänger hatte gelingen wollen: die Ver-
mischung und Durchknetung zweier völlig verschiedener und sich fremd
gegenüberstehender Völkermassen, das gelang Alexander, da er die
Griechen unter die Orientalen mischte, das gelang Karl, da er die
Germanenkrast auf die altrömische Bildung pfropfte, sie unter die Zucht
der römischen Kirche zwang. Wohl ist und bleibt es unmöglich, daß
Thon und Eisen zu einer neuen wohlzusammenhängenden Masse völlig
in einander geschweißt werden. Aber soweit solche verschiedene, sich
fliehende Bestandtheile mit einander verbunden werden können, ist es
durch die genialen Veranstaltungen, durch die praktische Tüchtigkeit und
eiserne Consequenz der beiden großen Männer geschehen. Durch Alexan-
der's Wirksamkeit begann die nähere und letzte 300jährige Bereitung
der orientalischen und griechischen Völker zur Aufnahme des Christen-
thums. Mit Karl's langjähriger und glänzender Regierung begann
die langsamere weil schwerere 700jährige Bereitung des germanischen
Volks zur Aufnahme des biblischen, des gereinigten, des evangelischen
Christenthums. In ihrem Charakter, in ihrem Wesen, in ihrer äußern
Erscheinung, wie viel Aehnlichkeit bieten beide Männer, wie ist der
Seelenadel ihrer ganzen Persönlichkeit so sichtbar aufgedrückt, nur mit
dem Unterschiede, Alexander war ein heidnischer Grieche und Karl
ein germanischer Christ.
§. 13. Ludwig der Fromme (814 — 840) und Anschar, der
Apostel des Nordens (865).
Die schwächliche Regierung von Karl's einzig überlebendem
Sohn und Nachfolger Ludwig dem Frommen (814 — 840) machte
den Verlust des großen Kaisers um so empfindlicher. Er war ein
undeutscher, von aquitanisch-römischen Einflüssen ganz beherrschter
Mann, voll guten Willens, die Kirche zu fördern und die Geistlichkeit
zu stützen und ehren; aber ohne Kraft und ohne Weisheit. Es ist
wahr, die Kirche hat seinem persönlichen Eifer alle Gerechtigkeit
widerfahren lassen, indem sie ihn den Frommen hieß. Allein in Wirk-
lichkeit vermochte er durchaus nicht, sie auch nur bei ihren Rechten
und Besitzungen zu schützen. Der unselige Krieg wider seine eignen