1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Xxx. §. 16. Eintritt der Mähren, Böhmen u. Polen in die christliche Kirche. 355
feiern. Sie durften Kirchen bauen und Geistliche zu sich kommen
lassen. Da ward denn auch allmälig eine andere Stimmung gegen das
Christenthum unter den Magyaren herrschend. Viele, besonders Frauen,
kamen herzu und begehrten die Tauft. Schon wurden die bischöflichen
Sprengel abgegrenzt und über große Erfolge an den Papst berichtet.
Allein lange Zeit war auch unter den getauften Magyaren doch noch
nichts Anderes zu finden als eine trübe Mischung von Heidenthum und
Christenthum. Selbst bei Geysa und seinem Weibe war es nicht
anders. Erst als dessen Sohn Stephanus (später der Heilige ge-
nannt) 997 zur Regierung kam, wurde mit etwas größerm Nachdruck
an der Ausrottung des heidnischen Wesens gearbeitet. Aber sogleich
stellte sich nun eine mächtige heidnische Partei feindlich dem christlichen
Fürsten entgegen. Erst nach vielen Kämpfen konnte er den Sieg des
Christenthums als gesichert ansehen und es durch seine Eroberungen
weiter nach Siebenbürgen und der Walachei verbreiten. Auch jetzt
noch gab sich die heidnische Partei nicht verloren. Noch mehrmals,
auch noch nach Stephan's Tode versuchte sie Empörungen anzuzet-
teln, oder benutzte die politischen Gährungsstoffe, um neue Unruhen
hervorzurufen, und mehrmals gelang es ihr wirklich, den heidnischen
Cultus wieder herzustellen. Natürlich konnten solche Erfolge nur vor-
übergehend sein und gegen das Ende des 11. Jahrhunderts war auch
im Magyarenvolk jeder offenbare Widerstand gegen das Christenthum
beseitigt. Wir aber müssen voll Bewunderung die Fülle göttlicher
Barmherzigkeit preisen, daß Er dies wilde, widerspenstige Volk aus
der Tieft der heidnischen Finsterniß Asiens heraus in die Mitte der
christlichen Kirche hinein versetzt hat. Wären sie in ihrer Heimath
geblieben, so würden die Ungarn auch jetzt wohl noch nichts An-
deres sein, als wofür sie damals bei ihrem ersten Erscheinen von
den Deutschen gehalten wurden: zweibeinige Teufel.
§. 16. Eintritt der Mähren, Böhmen und Polen in die
christliche Kirche.
Auf ganz andere Weise, nämlich durch freiwilligen Uebertritt und
durch die weise Leitung einer volksthümlichen Mission kam während
des Zerfalls des karolingischen Reiches noch ein anderes, damals sehr
mächtiges Heidenreich zur Annahme des Christenthums und zur Un-
terwerfung unter die päpstliche Gewalt, nämlich das mährische
Reich. Das reichte zur Zeit seiner größten Ausdehnung von den
Grenzen Bayerns nördlich der Donau durch das jetzige Böhmen,
Mähren, Schlesien, nordwestliche Ungarn und Galizien hindurch bis
tief in das jetzige Polen hinein (etwa an das linke Ufer des Bug)
und stand von 845 bis 870 unter der Herrschaft des Rastislav,
hernach unter seinem noch gewaltigern Neffen Svatopluk oder
Zwentibold. Nach dessen Tode 894 ist das mährische Reich schnell
Wieder verschwunden. Svatopluk hatte cs unter seine Söhne ver-
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