1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
368 Xx. §. 4. Uebergang der deutschen Krone auf das sächsische Haus.
und Besitzungen bestätigen, aber er suchte sich gewisse oberherrliche
Rechte über sie und ihre Landschaften zu sichern. Darin handelte er
also ganz als Kaiser. Die großen Herren, die sich nicht mehr beseitigen
ließen, mußten doch erst von ihm ihre Rechtstitel in Empfang nehmen.
Da es aber meist von dem guten Willen der Könige und Herzoge ab-
hing, ob sie dem Kaiser huldigen und sich von ihm bestätigen lassen
wollten oder nicht, so kann man denken, daß je mächtiger sie wurden,
Vesto weniger sie noch nach dem Kaiser fragten. Odo von Paris
ward bald so mächtig, daß er den Ramnulf von Aquitanien und alle
anderen Gewalthaber in Frankreich zur Unterthänigkeit zwang und
den karolingischen Königsstamm ganz bei Seite schob. Von ihm oder
doch von seinem Bruder Robert, der sein Nachfolger ward, stammte
das spätere französische Königsgeschlecht der Capetinger, welches noch
vor Kurzem wenigstens in seinen Seitenzweigen den französischen Thron
besessen hat.
§. 4. Uebergang der deutschen Krone auf das sächsische
Haus.
In Deutschland war unter den absterbenden Karolingern die Lage
der Dinge nicht viel anders als in Frankreich und Italien. Deutsche
Grafen, Herzoge und sonstige Beamte des Kaisers erhüben sich zu
gleicher Selbständigkeit wie die aufstrebenden Fürsten in den übrigen
Landen des alten karolingischen Kaiserreichs. Hatte man hier doch
am wenigsten die Zeit vergessen, wo jeder deutsche Hauptftamm unter
seinem eignen angestammten Herzog stand. Aber in Deutschland trat
noch ein ganz besonderes Element hinzu. Wir können keinen Augen-
blick vergessen, daß der Bau des deutschen Reiches in seinen wesent-
lichen Grundlagen ein kirchlicher Bau war. Bei jedem Wendepunkt
der deutschen Geschichte sehen wir die hohe Geistlichkeit als die ent-
scheidende Macht hervortreten. Das ist in Frankreich und Italien
niemals der Fall gewesen. Auch jetzt, da die Herrlichkeit des karo-
lingischen Geschlechts zu Ende ging und Deutschland wieder in ein-
zelne kleine Stücke auseinanderzufallen drohte, war es die Geistlich-
keit, war es insonderheit der Primas von Deutschland: Hatto von
Reichenau, Erzbischof von Mainz, der nicht bloß das Ganze zu-
sammenzuhalten, sondern es einer neuen kräftigen Entwicklung ent-
gegenzuführen verstand. Er sah ein, daß die mächtigen Herzoge
von Sachsen und Thüringen, Franken, Lothringen, Alemannien und
Bayern nicht mehr zu beseitigen oder zu umgehen wären. Die Stärke
des Reichs, die Vertheidigungsfähigkeit gegen die auswärtigen Feinde
beruhte darauf, daß in allen Theilen des Landes tüchtige, schlagfer-
tige, möglichst selbständige Fürsten zu finden waren, deren eignes