1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
382 H §• 9. Uebergang des Kaiserthums vvn dem sächsischen Hause re.
lichkeit in den Bisthümern und Klöstern immer ausgedehntere Be-
fugnisse und herrschaftliche Rechte zugestand. Die deutschen Bischöfe
waren seine Minister, seine Feldherren und seine Unterhändler und Ge-
sandten, sie bildeten seine Kanzlei und seinen Staatsrath, ihnen ver-
traute er am liebsten die Verwaltung der deutschen Territorien an.
Fast kein Abt oder Bischof war da, der nicht ein bedeutendes Landge-
biet besessen und es als Graf oder mit herzoglichen Rechten zu verwalten
gehabt hätte. Auf die Anhänglichkeit der Geistlichen suchte Heinrich
die Sicherheit und Macht seines Thrones zu gründen. Sein Nach-
folger Konrad Ii. dagegen wählte ein anderes Mittel. Er begün-
stigte die damals besonders im südlichen Deutschland aufblühen-
den Städte, er suchte die Reichsdienstmannen und die freien
Leute wieder mehr in das Interesse des Königs zu ziehen, er hob den
niedern Adel, die kleineren Lehensträger, absichtlich empor gegen die
großen Herzöge und Markgrafen, deren Zahl und Macht er möglichst
zu verringern suchte. Und wirklich schienen diese Maßregeln für den
Augenblick einen guten Erfolg zu haben. Denn unter Konrad Ii.
(1024—1039), dem ersten fränkischen Kaiser, der aus der freien
Wahl des deutschen Volkes hervorging, hob sich die königliche Macht
in Deutschland wieder zusehends, sowohl im Innern als nach außen.
Zwar die Mark Schleswig ging für immer an den Dänenkönig ver-
loren. Aber das Wendenland und Polen mußte die deutsche Ober-
hoheit wieder anerkennen. Vor allen Dingen: das burgundische
Reich wird theils durch Waffengewalt, theils durch Erbschaft mit
Deutschland vereinigt. Auch in Italien war der deutsche Einfluß
wieder im Zunehmen begriffen, wiewohl noch viel fehlte, daß der Kai-
ser sich als Herr des Landes betrachten, sich als Schirmvogt des
Papstes und der gesammten Kirche hätte beweisen können. Oder
vielmehr hätte beweisen wollen. Denn dem fränkischen Kaiserhause
fehlte der kirchliche Sinn. Obwohl sich dem Kaiser Konrad persön-
liche Frömmigkeit nicht absprechen läßt, so hatte er doch nicht das mindeste
Verständniß noch Interesse für kirchliche Dinge. Nur wie weit die
Bischöfe und Siebte seinem hochstrebenden Herrsschergelüst dienten,
waren sie ihm werth und wichtig. Uebrigens bekümmerte er sich we-
der um die Reformation im Innern (die Heinrich Ii. anzubahnen
suchte), noch um die Mission nach außen. Ungestört durften die wen-
dischen Vasallen ihre heidnischen Götzenbilder vor dem kaiserlichen Heere
einhertragen und alle Bitten und Gegenvorstellungen der geärgerten
Ehristen ließen den Kaiser unbewegt. Ungescheut knechtete er selbst
die Kirche und ihre Diener wie und wo er nur konnte, ohne zu ahnen,